2. Das Säuremanagement

Mrz 20, 2021 | Anleitungen, Traubenweine

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Die Säure im klassischen Traubenwein

Der Säuregehalt eines Weißweins liegt grob im Bereich zwischen 7 und 8,5 g/L. Der Säuregehalt eines Rotweins darf geringer sein, denn die in den Traubenhäuten enthaltenen Gerbstoffe können Säuren geschmacklich „ersetzen“, die Säure liegt etwa im Bereich von 4 bis gut 7 g/L. Wohlgemerkt: Dies ist der Säuregehalt im fertigen Wein, nicht im unvergorenen Traubensaft (Most).

Aufsäuerung bei zu niedrigem Säuregehalt

Unter guten Bedingungen in klimatisch günstigen Anbaugebieten kann der Säureverlust bei der Reife derart hoch sein sein dass der Wein aufgesäuert werden muss. Dies kann, wie bei Fruchtweinen auch, mit Zitronensäure oder mit Milchsäure erfolgen (siehe Kapitel „Säure“ im Fruchtweinkeller). In unseren Breiten wird das aber eher selten der Fall sein: In der Regel hat der Wein einen zu hohen Säuregehalt.

Säurereduktion durch Weinsteinausfall

Bei Traubenweinen kommt es bis zur Abfüllung zu einer Säurereduktion, dies ist ein wesentlicher Unterschied zu Fruchtweinen. Dies liegt an der Weinsäure, die in anderen Früchten fehlt. Die Weinsäure bildet schwerlösliche Salze, die in Forum von Weinstein ausfallen. Hierbei handelt es sich vor allem um ein Gemisch aus einem Kalium- und dem Calcium-Salz der Weinsäure (Kaliumhydrogentartrat und Calciumtartrat). Je nach Weinsorte erscheinen die Weinsteinkristalle hell und klar, gelblich oder gar rötlich. In alten Tagen diente das „Dekantieren“ dazu, den Wein vom Depot, einem Gemisch aus ausgefallenem Weinstein und Gerbstoffen, zu trennen, damit der Bodensatz nicht mit ins Glas gelangt. Kommerzielle Weine werden heute meist behandelt damit es keinem Weinsteinausfall in der Flasche kommt, der die Kundschaft irritieren könnte. Der Hobbywinzer wird jedoch meistens einen Weinsteinausfall beobachten können.

Niedrige Temperaturen senken die Löslichkeit der Weininhaltsstoffe und fördern somit den Weinsteinausfall. Wenn der Traubenwein nach der Gärung kühl im Ballon lagert sollte ihm deshalb genügend Zeit gegeben werden damit die Weinsäure noch im Ballon und möglichst nicht in der Flasche ausfällt. Eine Wartezeit von ein bis zwei Monaten bei Lagertemperaturen um 5°C sollte eingehalten werden.

Das Ausmaß des Weinsteinausfalls hängt von sehr vielen Faktoren ab. Oft führt der Ausfall zu einer Säurereduktion im Größenbereich von etwa 1 bis 3 g/L Gesamtsäure, die ausfallende Menge kann aber nicht vorhergesagt werden. Letztlich kann der Säuregehalt des Traubenweins erst beurteilt werden wenn der Weinsteinausfall beendet ist.

Kältetest auf Kristallstabilität

Ist der Ausfall der Weinsäuren beendet oder nicht? Das kann man kann mit einem einfachen Test überprüfen. Man geht wie folgt vor:

Etwa 50 mL klarer Wein werden mit 1,5 bis 2 mL Doppelkorn versetzt. Durch die Erhöhung des Alkoholgehalts wird die Löslichkeit der Salze verringert.
Das Gemisch wird in ein durchsichtiges Gefäß gefüllt und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt herum (zwischen -4°C und 4°C) gelagert.
Das Gefäß wird eine Woche lang täglich geschüttelt. Entsteht innerhalb dieser Zeit weder eine Trübung noch entsteht ein erkennbarer Bodensatz, so ist der Wein stabil.
Die Temperatur ist ein wesentlicher Faktor für die Aussagefähigkeit des Tests. Wenn der Test im heimischen Kühlschrank durchgeführt wird sollte unbedingt kontrolliert werden ob dieser kalt genug ist.

Entsäuerung mit Calciumcarbonat: Ausfällung der Weinsäure

Die Weinsäure kann durch Zugabe von Calciumcarbonat (kohlensaurer Kalk) ausgefällt werden. Dabei bildet sich das unlösliche Calciumsalz der Weinsäure (Calciumtartrat), das sich am Boden absetzt. Anschließend kann der Wein vom Bodensatz abgezogen werden. Das Reaktionsschema ist:

(HOOC-(CHOH)2-COOH + CaCO3 -> Ca(OOC-(CHOH)2-COO)2 + CO2 + H2O

Weinsäure + Calciumcarbonat -> Calciumtartrat + Kohlendioxid + Wasser

Bei der Reaktion entsteht neben dem unlöslichen Calciumtartrat und Wasser auch Kohlendioxid. Bei der Ausfällung der Säure kommt es deshalb zu einer heftigen Gasbildung, der Weinansatz schäumt auf.

Mit der beschriebenen Methode kann jedoch nur die Weinsäure ausgefällt werden, nicht die Apfelsäure! Mit dieser Methode wird also der Gehalt der im Wein erwünschten Weinsäure erniedrigt, der Gehalt der im Wein unerwünschten Apfelsäure wird nicht erniedrigt!

Der Hobbywinzer kann zwar den Gesamtsäuregehalt bestimmen, nicht aber die Anteile von Apfel- und Weinsäure. Dies birgt eine Gefahr: Wird versehentlich ein Überschuss von Calciumcarbonat zugegeben, so fällt die Weinsäure vollständig aus und der überschüssige kohlensaure Kalk neutralisiert Apfelsäure, diese fällt aber nicht aus und bleibt im Wein zurück. Dies kann einen herben, seifig-salzigen Fehlgeschmack hervorrufen.

Als Faustformel gilt: Je reifer und je saurer die Trauben, desto höher ist der Gehalt der Apfelsäure, der Weinsäuregehalt bleibt hingegen in etwa gleich. Sie sollten deshalb niemals mehr 2-3 g/l Gesamtsäure ausfällen, auch wenn der Säuregehalt im Most extrem hoch ist.

 

Berechnung der notwendigen Calciumcarbonatmenge

Achtung!

Zur Fällung von 1 g Säure in einem Liter Wein sind 0,67 g Calciumcarbonat notwendig. Wenn Sie die Höchstmenge von 4 g Säure fällen wollen, sind dazu also 2,7 g Calciumcarbonat notwendig.

Zur Fällung von 1 g Weinsäure sind 0,67 g Calciumcarbonat (oder Kalziumhydrogencarbonat) notwendig. Setzen Sie nie mehr als 2,7 g Calciumcarbonat pro Liter Wein ein!

Ein Rechenbeispiel

Ihre 15 l Traubenmost enthalten 12 g/l Säure. Sie möchten die Säure auf 9 g/l reduzieren. Das entspricht einer Menge von 3 g/l, die ausgefällt werden muss. Dazu müssen 3 x 0,67 g Calciumcarbonat pro Liter Wein eingesetzt werden, also 2 g Calciumcarbonat pro Liter Wein beziehungsweise 30 g Calciumcarbonat bezogen auf die 15 l Wein.

Die Durchführung

Die benötigte Menge Calciumcarbonat wird abgewogen und in in den gesamten Wein oder Traubenmost eingerührt. Achtung: Der Wein schäumt heftig auf, das Gefäß muss groß genug sein damit genügend freier Steigraum zur Verfügung steht! Nun soll der Ansatz 24-48 Stunden lang bei möglicht niedriger Temperatur (0 – 4°C) ruhen. In dieser Ruhephase bildet das ausgefallene Calciumtartrat am Boden einen hellen Bodensatz. Danach kann die Flüssigkeit mit einem Weinheber von Bodensatz abgezogen werden. Die Säure sollte jetzt unbedingt nochmals gemessen und ggf. ergänzt werden mit Milch- oder Zitronensäure.

Oft setzt sich das Calciumtartrat innerhalb der 48 Stunden nicht vollständig ab. Bevor der Wein abgefüllt wird sollte der Kältetest auf Kristallstabilität durchgeführt werden (siehe oben), gegebenenfalls muss eine Wartezeit von ein bis zwei Monaten bei Lagertemperaturen um 5°C sollte eingehalten werden. Als Faustregel gilt: Je klarer der verwendete Wein vor der Fällung war, desto schneller fallen die Salze aus. Der Wein sollte deshalb vor der Fällung idealer Weise gefiltert werden.

Alternativ kann die Fällung mit Kaliumhydrogencarbonat (synonym Kaliumbicarbonat, Summenformel KHCO3) anstelle von kohlensauerem Kalk durchgeführt werden. Das bei der Entsäuerung entstehende Kaliumhydrogentartrat kann schneller als das Calciumtartrat ausfallen, hierfür sind aber niedrige Temperaturen zwingend erforderlich, zudem zeigen mit Kaliumhydrogencarbonat behandelte Weine keine Weinsteinstabilität.

Doppelsalzentsäuerung bzw. Doppelsalzfällung, „Acidex“-Verfahren

Die Nachteile der „einfachen“ Fällung mit Calciumcarbonat liegen auf der Hand: Unreife Trauben enthalten vor allem die unerwünschte Apfelsäure, die mit der Calciumcarbonatfällung nicht entfernt werden kann. Gerade bei unreifem Lesegut ist der Spielraum zur Entsäuerung daher nur gering. Die Lösung dieses Problems ist die Doppelsalzfällung, mit der sowohl Apfel- als auch Weinsäure aus dem Most oder Wein entfernt werden kann.

Bei der Doppelsalzfällung wird ein Teil des Weins fast vollständig entsäuert. Anschließend werden die ausgefallenen Salze per Filtration entfernt und der entsäuerte Wein wird mit dem Restwein verschnitten. Die Doppelsalzfällung beruht auf zwei chemischen Tricks: Erstens gibt man den Wein zum kohlensauren Kalk und nicht umgekehrt, wie es bei der einfachen Fällung der Weinsäure der Fall ist. Dies hat zur Folge dass der pH des Wein/Kalkgemischs nach oben schnellt. Unter diesen Bedingungen fällt nicht nur das Salze der Weinsäure sondern auch das Salz der Apfelsäure (Calcium-Malat) aus. Hierbei muss darauf geachtet werden dass der pH-Wert des Gemischs niemals unter einen Wert von 5 fällt, dies muss mit einem pH-Meter oder mit Teststreifen unbedingt kontrolliert werden! Zweitens werden spezielle, reaktive Kalk-Präparate verwendet die Spuren der Calcium-Salze enthalten, wodurch der Ausfall weiteren Malats und Tartrats verbessert wird. Geeigneter Spezialkalk wird unter den Handelsnamen Acidex® oder Neoanticid® vertrieben.

Berechnung der benötigten Spezialkalkmenge und der zu entsäuernden Teilmenge

Die benötigte Kalkmenge kann wie oben beschrieben berechnet werden, denn auch hier wird eine titrierbare Säuremenge von 1 g mit 0,67 g Calciumcarbonat gefällt.

Zur Berechnung der Teilmenge Most oder Wein, die entsäuert werden soll, finden sich in der Literatur verschiedene Formeln, wir verwenden hier den „einfachen“ Rechenweg nach Vogt, Jakob, Lemperle und Weiss (1979): Der Prozentsatz der bei der Entsäuerung einzusetzenden Most- oder Weinmenge entspricht dem Prozentsatz der Säure, die gefällt werden soll.

Der Abbildung T3.1 zeigt die entsprechenden Formeln.

Abb. T3.1: Formeln zur Doppelsalzfällung. Siehe Text für Details.

Abb. T3.1: Formeln zur Doppelsalzfällung. Siehe Text für Details.

Ein Rechenbeispiel

20 L Wein haben einen Gesamtsäuregehalt von 15 g/L. Der Säuregehalt soll um 6 g/L gesenkt werden.

Vorgegeben sind also:

GS = 15 g/L

GV = 20 L

ES = 6 g/L

Benötigte Menge Spezialkalk = 6 g/L x 0,67 x 20 L = 80,4 g.

Prozentsatz = 6 x 100 / 15 = 40%.

40% von 20 Litern entspricht 20L x 40 / 100 = 8 L.

Es werden also 80,4 g Spezialkalk eingesetzt um 8 L Wein vollständig zu entsäuern.

Die Durchführung

Die abgewogene Menge Spezialkalk wird in einem ausreichend großen Gefäß vorgelegt. Die zu entsäuernde Teilmenge wird abgemessen und langsam, unter heftigem Rühren, zu dem Spezialkalk gegeben. Durch das Rühren wird die bei der Reaktion entstehende Kohlensäure ausgetrieben, und nur so bleibt der pH bei einem Wert über 5! Entsprechend langsam muss gearbeitet werden, der pH sollte mit Hilfe eines pH-Meters oder mit Teststreifen überwacht werden.

Bevor anschließend die entsäuerte Teilmenge zum verbliebenen Rest des Mosts oder des Weins gegeben wird muss das ausgefallene Tartrat und Malat vollständig abgetrennt werden. Geschieht dies nicht, so führt der erhöhte Calciumgehalt im behandelten Wein zu einem pappig-seifigen Geschmack und zu einem verstärkten Weinsteinaufall. Die behandelte Teilmenge wird deshalb einige Stunden lang kalt gestellt, dies fördert das Absetzten der Salze als Bodensatz. Die entsäuerte Teilmenge wird vom Bodensatz abgezogen und anschließend idealer Weise filtriert (EK-Filter) zur Entfernung aller Salzkristalle. Erst dann wird die Teilmenge wieder mit dem Restwein vereint.

Der biologische Säureabbau (BSA) bzw. die malolaktische Gärung

Ein altes Winzersprichwort sagt: „Wenn der neue Wein blüht, gärt es im alten!“

Das Sprichwort beschreibt ein gewohntes Phänomen bei der professionellen Weinbereitung: Im Frühling, wenn die Reben blühen, kommt es in den Weinfässern mit bereits durchgegorenem Wein nochmals zu einer Gärung. Heute weiß man, das diese „zweite“ Gärung nicht von Hefen, sondern von Milchsäurebakterien verursacht wird. Da die Milchsäurebakterien Wärme lieben, kommt es erst im Frühling, wenn die Temperaturen im Weinkeller steigen, zur zweiten Gärung.

Traditionell nutzt der Mensch Milchsäurebakterien zur Konservierung von Lebensmitteln wie Sauerkraut, Joghurt oder Dauerwürsten (z.B. Salami). Ach im Sauerteig finden sich Milchsäurebakterien. Typisch für Milchsäurebakterien ist die Bildung von Lactat (Milchsäure). Auch bei der zweite Gärung bilden die Milchsäurebakterien Lactat . Der Chemismus dieser Gärung ist in Abb. T3.2 dargestellt: Ein Molekül Apfelsäure („Malat“) wird in je ein Molekül Milchsäure (Lactat“) und Kohlendioxid gespalten. Gärungen dieser Art werden daher „malolaktische Gärungen“ genannt. Jedes Malatmolekül enthält zwei Säuregruppen (COOH), das Lactat enthält nur noch eine Säuregruppe, deshalb kommt es zu einer Verringerung der Gesamtsäure. Dazu ein Beispiel: Ein Wein besitzt eine titrierbare Gesamtsäure von 12 g/L, die sich aus 6 g Apfelsäure und 6 g Weinsäure zusammensetzt. Bei einer vollständigen malolaktischen Gärung werden die 6 g/L Apfelsäure in 3 g/L titrierbare Milchsäure umgewandelt, der Gesamtsäuregehalt kann also auf 9 g/L gesenkt werden.

Abb. T3.2: Chemismus der malolaktischen Gärung.

Abb. T3.2: Chemismus der malolaktischen Gärung.

Die malolaktische Gärung wird oft auch als biologischer Säureabbau“ (BSA) bezeichnet. Die BSA wird heute gezielt genutzt, um den Säuregehalt von Traubenweinen zu reduzieren.

Vorteile der malolaktischen Gärung

Durch die Milchsäurebakterien wird nicht nur die unerwünschte Apfelsäure abgebaut, durch die entstehende Milchsäure wird der Wein etwas dickflüssiger und bekommt dadurch ein besseres Mundgefühl und wirkt geschmacklich voller.

Nachteile und Gefahren der malolaktischen Gärung

Was auf dem Papier einfach erscheint, erweist sich in der Praxis aber oft als schwierig. Eine außer Kontrolle geratende oder eine unbemerkt ablaufende malolaktische Gärung kann zu Weinfehlern wie zum Beispiel dem Milchsäurestich, dem Geranienton oder dem Lindwerden und damit zum Verderb des Weins führen (siehe auch Kapitel „Weinfehler und Weinkrankheiten“). Der Grund hierfür ist der Stoffwechsel der Milchsäurebakterien: Neben der Apfelsäure können sie noch viele andere Stoffe vergären, dabei bilden sie nicht nur Milchsäure, sondern auch im Wein unerwünschte Substanzen. Vergären die Milchsäurebakterien zum Beispiel Zucker oder Weinsäure, so kann ein Gemisch aus Milchsäure, Essigsäure und diversen höheren Alkoholen entstehen. Ein weiteres Problem ist die Bildung von so genannten biogenen Aminen, dazu zählt zum Beispiel das Histamin, das für allergieähnliche Symptome und Kopfschmerzen nach dem Weingenuss verantwortlich sein kann. Durch das Stoffwechselprodukt Diacetyl kann der Wein einen Fehlgeschmack entwickeln, der an Molke oder Butter erinnert. Ferner kann die Farbtiefe durch Milchsäurebakterien leiden.

Eine malolaktische Gärung muss deshalb sorgfältig gesteuert, überwacht und rechtzeitig gestoppt werden, damit sich keine durch Milchsäurebakterien bedingten Weinfehler einstellen können.

Von guten und bösen Milchsäurebakterien im Wein

Wie auch bei den Hefen gibt es „wilde“ Milchsäurebakterien, die zufällig in den Weinansatz gelangen und eine malolaktische Gärung bewirken können, und „Reinzucht“-Milchsäurebakterien. Will der Hobbywinzer eine malolaktische Gärung gezielt einleiten, so sollte er die rein gezüchteten Kulturen unbedingt verwenden, denn diese Stämme wurden daraufhin optimiert, weniger unerwünschte Gärungsprodukte zu bilden und kommen mit den im Wein herrschenden Bedingungen besser zurecht. Es gibt drei wichtige Regeln, die der Hobbywinzer beachten muss, auch wenn er reingezüchtete BSA-Starterkulturen verwendet:

  • Eine malolaktische Gärung kann nur in zuckerfreien Weinen durchgeführt werden, also wenn die Hefe den Zucker bereits vollständig vergoren hat. Milchsäurebakterien setzen den Zucker nämlich zu Milch- und Essigsäure sowie Mannitol um, dann bekommt es zu einer Säurezunahme und zu Geschmacksfehlern.
  • In zuckerfreien Weinen vergären die Milchsäurebakterien erst die Apfelsäure, anschließend die Weinsäure. Ersteres ist gewünscht, zweiteres nicht, denn aus Weinsäure wird ebenfalls Essigsäure gebildet. Die malolaktische Gärung muss deshalb umgehend beendet werden sobald die Apfelsäure vollständig vergoren wurde.
  • Die Risiken der malolaktischen Gärung können reduziert werden wenn die Bakterien optimale Bedingungen vorfinden. Folgende Faktoren fördern Milchsäurebakterien:
      • hohe Temperaturen bei der alkoholischen Gärung und Temperaturen zwischen 18 und 22°C, jedoch nicht über 25°C bei der malolaktischen Gärung
      • lange Standzeiten auf der Hefe nach der Gärung, insbesondere bei hohen Temperaturen
        Hefen mit großer Neigung zur Autolyse (Selbstauflösung)
      • ein minimaler pH-Wert des Weins von etwa 3,2; wird dieser Wert unterschritten, so kann eine Teilentsäuerung mit Carbonat durchgeführt werden. Im laufe der malolaktischen Gärung sollte der pH niemals 3,5 überschreiten, dies kann die Bildung unerwünschter Produkte fördern.
      • keine Schwefelung
      • ein nicht zu hoher Alkoholgehalt (einige Milchsäurebakterien weisen eine Alkoholtoleranz von über 15% auf, für eine gezielte malolaktische Gärung sollten der Alkoholgehalt nicht höher als 13% sein).

 

Von Nährstoffen und Milchsäurebakterien

Milchsäurebakterien haben einen hohen Vitamin- und Nährstoffbedarf. Da sich zuerst die Hefe an den vorhandenen Nährstoffen im Most bedient hat die verwendete Rasse einen Einfluss auf die sich anschließende malolaktische Gärung: Günstig sind Hefen mit geringem Nährstoffbedarf. Neigt die Hefe zudem zur Autolyse (Selbstauflösung), so werden Nährstoffe frei, die die Milchsäurebakterien zusätzlich nutzen können. Im Datenblatt professioneller Weinhefen findet sich bei geeigneten Rassen oft ein entsprechender Hinweis. Trotzdem ist der Einsatz spezieller Nährstoff-Präparate zur Förderung der malolaktischen Gärung sinnvoll (zum Beispiel BioStart® Nutri von Erbslöh).

Der Doppelsalztest: Wann ist die Apfelsäure vollständig vergoren?

Der BSA MUSS beendet werden sobald die Apfelsäure vollständig abgebaut ist. Der professionelle Winzer wird seinen Traubenmost analysieren lassen und kennt den Apfelsäuregehalt genau. Anhand der Abnahme der tirtrierbaren Gesamtsäure kann er so abschätzen wann er die malolaktische Gärung beenden muss. Der Hobbywinzer hat diese Möglichkeit meist nicht.

Es gibt jedoch einen einfachen Test, mit dem der Apfelsäuregehalt zumindest abgeschätzt werden kann: Den Doppelsalz- oder Strecker-Test. Für den Test wird eine analytische „Doppelsalzfällung“ im Reagenzglasmaßstab durchgeführt. Die Form der ausfallenden Salze ist ein Indikator für den Apfelsäuregehalt. Man geht folgendermaßen vor:

 

  1. In einem Reagenzglas wird eine gute Messerspitze voll Spezialkalk vorgelegt (etwa 0,1 bis 0,2 g). Der Test funktioniert auch mit „normalem“ Kalk, die CO2-Bildung verläuft dann aber deutlich langsamer.
  2. Nun erfolgt die Zugabe von etwa 3 mL des zu testenden Weins.
  3. Das Reagenzglas wird mit dem Daumen verschlossen, nun kräftig schütteln bis der Kalk in dem Wein vollständig aufgeschwemmt ist. Den Verschluss mehrfach lockern damit entstehendes Kohlendioxid entweichen kann.
  4. Wenn kein Überdruck mehr entsteht wird wieder ein kleiner Schluck Wein hinzu gegeben und geschüttelt (siehe Punkt 3)
  5. Ist das Reagenzglas voll wird das Kohlendioxid nochmals intensiv ausgeschüttelt. Anschließend wird die Probe 12 bis 48 Stunden lang ruhig stehen gelassen, am Besten bei niedrigen Temperaturen.
	 Abb. T3.3: Ergebnis des Doppelsalz-Tests.  Röhrchen 1: Spätburgunder mit vollständigem BSA. Röhrchen 2: gleicher Wein, versetzt mit 1 g/L Apfelsäure  Röhrchen 3: gleicher Wein, versetzt mit 6 g/L Apfelsäure

Abb. T3.3: Ergebnis des Doppelsalz-Tests.

Röhrchen 1: Spätburgunder mit vollständigem BSA.
Röhrchen 2: gleicher Wein, versetzt mit 1 g/L Apfelsäure

Röhrchen 3: gleicher Wein, versetzt mit 6 g/L Apfelsäure

Abbildung T3.3 zeigt das Ergebnis eines solchen Doppelsalz-Tests. Hierfür wurde ein Spätburgunder eingesetzt, bei dem der BSA bereits vollständig abgelaufen war, die Apfelsäure war also vollständig umgewandelt in Milchsäure (Röhrchen 1). Für den Test wurden definierten Apfelsäuremengen zugegeben: 1 g/L in Röhrchen 2 und 6 g/L in Röhrchen 3.

In Röhrchen 1 bildet sich zuunterst eine helle, kompakte Schicht aus überschüssigem Kalk und ausgefallenen Weinsäuresalzen. Darüber findet sich gelegentlich eine etwas dunklere Schicht, die ausgefallene Gerbstoffe enthält. In Röhrchen 2 erkennt man zusätzlich einige helle Kristalle, die sich am Glas des Röhrchens abgesetzt haben (schwarze Pfeile). Diese Kristalle enthalten Apfelsäuresalze. Mit steigendem Apfelsäuregehalt steigt auch die Anzahl und die Größe dieser Kristalle an der Glaswand, je nach Reaktivität des eingesetzten Kalks und der Beschaffenheit des Weins fallen große Kristalle zu Boden und bilden eine grobkörnige Schicht auf dem überschüssigem Kalk (Röhrchen 3, weißer Pfeil).

Achtung!

Der Ausfall von apfelsäurehaltigen Kristallen ist nicht immer gut erkennbar, und der Test ist nicht sehr empfindlich. Es ist deshalb empfehlenswert, den Test in mehreren Röhrchen parallel durchzuführen, und man sollte bei jedem Test mindestens ein Röhrchen mit einer Positivkontrolle dabei haben, also mit einen Wein der eine geringe Menge Apfelsäure enthält. Hierzu kann man die gewünschte Apfelsäuremenge einwiegen und direkt zum Testwein zugeben (Zugabe von 1 bis 2 g/L Apfelsäure) oder man mischt den Testwein mit etwas Apfelsaft, hierfür reicht ein Saftanteil von 1/4 bis 1/5 Volumen. Beispielsweise mischt man 5 mL Apfelsaft 15 mL Testwein und setzt dieses Gemisch für den Strecker-Test ein.

Die BSA-Durchführung

Zunächst durchläuft der Most die alkoholische Gärung bis der Zucker vollständig vergoren ist. Der Alkoholgehalt sollte 13% möglichst nicht überschreiten. Anschließend wird der Wein NICHT geschwefelt. Nach dem Abzug von der Hefe wird der pH-Wert kontrolliert, dieser sollte zwischen 3,2 und 3,5 liegen (gegebenenfalls eine Teilentsäuerung mit CaCO3 durchführen um den pH zu heben). Anschließend wird ein Nährstoffpräparat sowie eine Milchsäure-Starterkultur zugegeben, dabei jeweils nach Dosierung und Anleitung wie vom Hersteller angegeben verfahren. Die Temperatur wird nun im idealen Bereich zwischen 20-22°C gehalten, 18°C sollten nicht unterschritten werden, 25°C sollte nicht überschritten werden (siehe auch Herstellerangaben zur verwendeten Bakterienkultur). Der Wein wird öfters geschüttelt. Die malolaktische Gärung wird durch Schwefelung beendet sobald:

  • der angestrebte Säuregehalt erreicht ist oder
  • die Apfelsäure vollständig abgebaut wird (Doppelsalz-Test)

Die Schwefelung hemmt die malolaktische Gärung effektiv, sie kann aber wieder einsetzen sobald die Schwefelmenge sinkt, zum Beispiel durch innigen Sauerstoffkontakt. Der Wein sollte deshalb unbedingt durch eine EK-Filtration zusätzlich stabilisiert werden.

Achtung!

Um Milchsäurebakterien sicher aus dem Wein zu entfernen muss die EK-Filtration ist mit äußerster Sorgfalt durchgeführt werden (siehe auch Kapitel „Filtration“).

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