Ein runder Abschluss
Fruchtwein hat leider nur einen mäßig guten Ruf. Mit etwas Glück haben Sie mit Hilfe der Informationen dieser Seiten einen hochwertigen und einzigartigen Fruchtwein hergestellt, der sich nicht vor Traubenweinen verstecken muss.
Ganz im Gegenteil: Mit etwas Erfahrung bei der Weinbereitung stellt er einen Traubenweine vielleicht sogar in den Schatten. Klappern gehört zum Handwerk: Es ist nur Recht und Gerecht, wenn man den gelungenen, selbst gemachten Wein auch im passendem Rahmen genießt.
Welches Weinglas hat die richtige Form für meinen Fruchtwein? Muss er in einen Dekanter? Welches ist die optimale Trinktemperatur? Welcher Fruchtwein passt zu welchem Essen?
Die Antwort lautet: Haben Sie dabei Mut zum experimentieren! Die Welt des Traubenweins ist regelrecht dogmatisiert, der richtige Umgang mit Wein kann zur Weltanschauung werden. Beim Fruchtwein existieren solche einschränkenden Vorgaben nicht: Es darf gefallen, was schmeckt. Und das ist auch gut so.
Die folgenden Gedanken sind deshalb keinesfalls als rigide Regeln zu verstehen, und über manchen Punkt ließe sich sicherlich vortrefflich streiten. Verstehen Sie die Darstellungen als Anregungen..
Die Geschmackswahrnehmung
Machen wir uns zunächst mit einigen Grundlagen der Geschmackswahrnehmung vertraut. Zwei Sinne spielen dabei eine dominante Rolle: Der Geschmacks- und der Geruchssinn.
Verantwortlich für den Geschmackssinn sind die so genannten Papillen auf der Zungenoberseite, diese enthalten Geschmacksknospen mit den eigentlichen Sinneszellen. Jede Sinneszelle ist auf eine Grundgeschmacksrichtung spezialisiert, von denen es fünf gibt: Süß, sauer, bitter, salzig und „umami“. Der Begriff „umami“ kommt aus dem japanischen und bedeutet übersetzt etwa „große Köstlichkeit“ und beschreibt einen fleischig-herzhaften Wohlgeschmack. Die Umami-Rezeptoren reagieren stark auf Glutaminsäure, das heute in vielen Speisen als Geschmacksverstärker enthalten ist. Inhaltsstoffe aus Käse und Tomaten regen den Umami-Rezeptor stark an, vielleicht ist das der Grund für den weltweiten Erfolg der Pizza. Neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es noch eine sechste Sorte von Sinneszellen gibt, die auf Fett reagieren. Spezielle Rezeptoren für „scharf“ gibt es übrigens nicht: Die Schärfe von z.B. Chili und Paprika beruht auf der Anregung von Schmerzrezeptoren, die normalerweise auf Hitze reagieren.
Alle Sinneszellen sind weitgehend gleich auf der Zunge verteilt. Die Theorie der Geschmacksregionen (z.B. saures soll nur am Zungenrand zu schmecken sein) wurde inzwischen widerlegt.
Für alle weiteren Geschmacksempfindungen ist der Geruchssinn verantwortlich. Sitz der dafür verantwortlichen Sinneszellen ist der obere Bereiche der Nasenhöhle. Hierhin gelangen nur flüchtige Duftstoffe. Wie stark der Geruchssinn den Geschmackseindruck mitbestimmt erfährt jeder, wenn er eine Erkältung hat und die Schwellkörper der Nase den Zugang zur Riechschleimhaut verhindern: Dann schmeckt jedes Essen fade und langweilig.
Die Trinktemperatur
Der Gesamteindruck eines Weins setzt sich also aus den Informationen zusammen, die Geschmacks- und Geruchssinn ans Gehirn liefern. Der Geruchssinn reagiert nur auf flüchtige Aromastoffe. Je höher die Temperatur einer Flüssigkeit ist, desto flüchtiger sind ihre Inhaltsstoffe. Die Temperatur eines Weins hat folglich einen wesentlichen Einfluss darauf, wie stark der Geruchssinn angeregt wird.. Hierbei gilt die Faustregel: Je höher die Trinktemperatur, desto stärker wird der Geruchssinn angesprochen. Aber auch der Geschmackssinn hängt von der Temperatur ab: Die Empfindlichkeit der Rezeptoren auf der Zunge hängt von der Temperatur der Speise oder des Getränks ab. Nicht nur das: Jeder der verschiedenen Grundrezeptoren auf der Zunge hat ein anderes Temperaturoptimum. Bei unterschiedlichen Temperaturen verändert sich also nicht nur das über den Geruch wahrgenommene Aroma, sondern auch das Zusammenspiel zwischen den Grundgeschmacksrichtungen.
Aus dem komplexen Zusammenspiel zwischen Temperatur, Geschmacks- und Geruchssinn ergeben sich Faustregeln, bei welcher Temperatur bestimmte Weine getrunken werden. Grundsätzlich sollte die Trinktemperatur zwischen rund 10°C und 20°C liegen. Unterhalb dieses Bereichs können die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge keine feinen Geschmacksnuancen mehr unterscheiden. Liegt die Temperatur über diesem Bereich, können die flüchtigen Inhaltsstoffe als zu intensiv oder sogar als unangenehm empfunden werden. Dies gilt nicht nur für Aromen, sondern insbesondere auch für den Alkohol.
Weine mit dominanter Säure sollten bevorzugt bei niedriger Temperatur getrunken werden, so wird der fruchtig-frische Charakter des Weins unterstrichen. Ein typischer Kandidat für eine niedrige Trinktemperatur ist z.B. ein per Saftgärung gewonnener roter Johannisbeerwein, hergestellt aus Früchten eines sonnenarmen Jahrgangs, ein Sanddorn- oder ein Rhabarberwein.
Aroma- und gerbstoffreichere Weine sollten bei höherer Temperatur genossen werden, damit sich die feinen Aromastoffe und das Bouquet voll entfalten können. In diese Kategorie passen die allermeisten gelungenen Fruchtweine: Bei der Verkostung kann man eine Trinktemperatur von 16-19°C versuchen.
Das ist die Theorie. Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis zeigt sich häufig erst im Versuch. Wagen Sie den Versuch und probieren Sie Ihren Wein bei verschiedenen Temperaturen. Eine solche Weinprobe kann ebenso interessant sein wie eine Weinprobe mit verschieden Weinen.
Das Weinglas
Die Glasindustrie möchte nicht nur Rot- und Weißweingläser verkaufen. Weit gefehlt: Inzwischen gibt es Spezialgläser für Weine aus jeder gängigen Rebsorte. Stellen Sie sich vor, sie müssten noch ein spezielles Sommernachtstraum-Weinglas und ein Ingwerweinglas kaufen…
Zum Glück wird das nicht nötig sein. Der Fruchtweinfreund kommt mit wenigen, aber gut gewählten Gläsern aus.
Ein Weinglas sollte zunächst einmal aus Glas bestehen, denn nur Glas ist absolut geschmacksneutral. Es sollte zudem hell sein, nur so kommt die teils ungewöhnliche Farbe der Fruchtweine voll zur Geltung. Ich persönlich bevorzuge grundsätzlich dünnwandige Gläser, damit sich die Temperatur des Weins schon beim Ansetzten zum Trinken auf die Lippen übertragen kann.
Welchen Einfluss hat die Form des gewählten Glases? Die Form soll die Balance zwischen Geschmacks- und Geruchssinn unterstützen. Ein säuredominanter, bei niedriger Temperatur getrunkener Wein gehört in ein eher kleines, schlankes Glas, das gut gefüllt wird. Der Sinn: Durch das geringe Volumen ist das Glas schneller leer, und der Wein kann sich nicht übermäßig erwärmen. Die gängigen Weißweingläser haben eine solche Form.
Je stärker das Aroma des Weins, desto wichtiger wird der Geruchssinn, und desto größer wird das Volumen des Glases. Zudem bekommt es eine eher breite Form. Dies entspricht der Form eines typischen Rotweinglases. Grundsätzlich werden Rotweingläser niemals so stark befüllt wie Weißweingläser. Dadurch hat der Wein eine größere Oberfläche, über die er Bouquetstoffe abgibt, welche sich in dem Raum über dem Wein sammeln. So können sie optimal vom Geruchssinn wahrgenommen werden. Dieser Effekt kann durch eine ausgeprägt bauchige Forum noch verstärkt werden: Wird der in einem extrem bauchigen Glas befindliche Wein geschwenkt, so fördert dies die Aromafreisetzung, wobei die Aromen an der sich verjüngenden Öffnung förmlich konzentriert werden. Dies sind Gläser für schwere Rotweine, z.B. für Burgunder.
Die Trend vom kleineren, schlanken zum größeren, bauchigeren Glas endet abrupt:. Bei extrem aromatischen oder alkoholreichen Weinen (Dessertweine, Süßweine, Portweine, Sherry) werden wieder kleinere Gläser bevorzugt. Diese Weine schmecken derart intensiv, dass der Geruchssinn nicht durch ein großvolumiges Glas unterstützt werden muss. Im Gegenteil: Solche Weine können in einem großen Glas einen so intensiven Geruch entwickeln, dass er sogar unangenehm wirkt.
Bei der Wahl eines Glases für einen Frucht- oder Honigwein sollte bedacht werden, dass der Alkoholgehalt tendenziell eher hoch ist und die Aromen intensiver als bei Traubenweinen sind. Die geruchsintensivierende Wirkung von großvolumigen Rotweingläsern ist daher oft nicht nötig und kann sogar störend wirken, solche Gläser sind meiner Meinung nach in den meisten Fällen eine ungünstige Wahl. Sinnvoller sind kleinere Rotwein- bzw. größere Weißweingläser. Auch Portweingläser können benutzt werden. Ausnahmen bestätigen die Regel: Unreife Weine mit einem hohen Anteil an unreifen Tannin (z.B. ein junger Schlehenwein) können durch Sauerstoffeintrag angenehmer schmecken. In so einem Fall darf der Wein auch gern in einem großvolumigen Glas atmen.
Atmender Wein? Dekantieren oder nicht?
Spätestens bei diesem Thema werden sich die Geister scheiden: Nicht jeder Leser wird meinen Ausführungen zu diesem Thema beipflichten. Meine Meinung vorweg: Ich halte das Dekantieren von Wein in den meisten Fällen für überflüssig, oft ist es sogar schädlich.
Wie komme ich zu dieser Meinung? Beim Dekantieren wird der Wein in eine meist großvolumige Karaffe umgeschüttet. Dies dient einerseits der Abtrennung eines Bodensatzes und dem „Atmen“ des Weins, wodurch sich Aromen besser entfalten sollen.
Hand auf Herz: Wie viele gekaufte Traubenweine haben bei Ihnen einen so großen Bodensatz gebildet, dass sich ein Dekantieren gelohnt hätte? Gekaufte Weine werden in der Regel stabilisiert, damit sich kein Bodensatz bilden kann. Bei selbst gemachten Traubenweinen kann es aber zu Bodensätzen aus Weinstein und/oder aus Gerbstoffen kommen. Die ausgefallenen Substanzen hafteten allerdings oft fest an der Flascheninnenseite, so dass ein Dekantieren von diesem Gesichtspunkt her meist gar nicht nötig ist.
Bei selbst hergestellten Frucht- und Honigweinen wird sich in der Regel kein traubenweintypischer Bodensatz bilden, hierzu fehlen die Weinsäure und die Gerbstoffe. Bei ungefilterten Weinen, die mit zu wenig Antigel behandelt wurden, kommt es häufig zu einem Ausfall von Pektin, das hässliche Plakate am Flaschenboden bildet. Dieser Bodensatz ist locker und wird sehr leicht aufgewirbelt, weshalb ich solche Weine eher sofort vorsichtig ins Glas einschenken würde.
Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: Schlehenwein enthält zum Beispiel sehr viele Gerbstoffe, die ein typisches Gerbstoffdepot am Flaschenboden bilden kann. Bei Rhabarberwein kann die Oxalsäure ausfallen. Auch diese fruchtweinspezifischen Bodensätze haften meist fest an der Flasche und machen ein Dekantieren überflüssig.
Kommen wir zum Aspekt der Weinatmung. Streng genommen wird dieser Begriff für zwei Vorgänge benutzt: Für die Entfaltung der Aroma- und Bouquetstoffe und für geschmackliche Veränderungen durch den Eintrag von Sauerstoff, sprich durch Oxidation. Betrachten wir beide Punkt getrennt.
Natürlich soll sich das Bouquet eines Weins voll entfalten. Das sollte allerdings im Glas passieren, nicht im Dekanter. Alle Inhaltsstoffe, die der Wein aufgrund der großen Oberfläche bereits im Dekanter abgibt, sind dem Weingenuss verloren. Unter diesem Gesichtspunkt sollte der Wein im Glas atmen.
Kommen wir zur Oxidation. Den Sinn und Unsinn von Sauerstoff im Wein habe ich bereits im Kapitel „Abfüllung“ dargestellt. Ob ein geöffneter Wein atmen sollte oder nicht, muss für jede einzelne Flasche neu beurteilt werden, diese Entscheidung hängt vom Reifegrad des Weins ab. Der Reifegrad wiederum hängt natürlich vom Alter des Weins ab und von der Dichtigkeit des Korkens, die von Flasche zu Flasche stark schwanken kann. Ein optimal gereifter Wein braucht keine weiteren oxidativen Vorgänge zur Reife. Hat er die optimale Trinkreife bereits überschritten, so kann sich jeder zusätzliche Sauerstoffkontakt sogar negativ auswirken. Diesen Effekt kann man sehr gut bei Wein beobachten, der über kein freies SO2 mehr verfügt, entweder weil er gar nicht oder zu schwach geschwefelt wurde, oder weil das SO2 bereits vollständig mit Sauerstoff reagiert hat: Bei solchen Weinen können die letzten frisch-fruchtigen Aromen innerhalb von Minuten nach Öffnen der Flasche zusammenbrechen. Ältere, gereifte Weine sollten deshalb nur so wenig Sauerstoff wie möglich ausgesetzt und nicht dekantiert werden. Wenn überhaupt, sollte man für ältere Weine Karaffen verwenden, in denen der Wein nur über eine kleine Oberfläche mit Luft in Berührung kommt.
Die Sauerstoffzufuhr ist sinnvoll bei jungen Weinen, deren Tannin noch rau und herb schmeckt. Hier kann der Wein durch Belüftung weicher und angenehmer erscheinen. Für diesen Zweck sind flache Dekanter ideal, kann der Sauerstoff doch über eine große Fläche in den Wein eindringen. Auch ein leichter Böckser (siehe „Weinkrankheiten“) kann vor dem Trinken mit Hilfe eines Dekanters behandelt werden. Je nach Reife des Weins kann er über Stunden im Dekanter verbleiben.
Wer unbedingt schnell große Mengen Sauerstoff in seinen Wein bringen will, braucht dazu nicht unbedingt einen Dekanter. Lachen Sie nicht: Auch batteriebetriebene Milchaufschäumer sind wunderbar dazu geeignet.
Der richtige Wein zum Essen
Weißwein zum Fisch, Rotwein zum Käse oder zum Steak, das sind die klassischen Kombinationen. Mein Rat: Lassen Sie sich von solchen Regeln nicht einschüchtern und finden Sie selbst heraus, was Ihnen zusagt und was nicht. Beim Frucht- und Honigwein stehen Ihnen eh alle Möglichkeiten offen. Ich möchte Ihnen deshalb auch keine Speisefolgen samt Fruchtweinempfehlung auf den Weg geben, sondern nur einige Ratschläge.
Grundsätzlich sollte der Wein den Geschmack der Speise entweder harmonisch unterstützen (Prinzip der Gemeinsamkeit, also z.B. ein würziger Wein zu würzigem Fleisch) oder einen interessanten geschmacklichen Gegenpart bilden (Prinzip der Gegensätzlichkeit, z.B. leicht süßlicher Wein zu einer sauren Speise). Der Wein selbst sollte jedoch nie im Vordergrund stehen.
Hieraus ergibt sich das erste Problem bei der Weinauswahl: Die meisten reinen Fruchtweine sind ausgesprochen geschmacksintensiv und sollten eher nach als zum Essen gereicht werden. Weine mit verringertem Fruchtanteil, die mit Honig vergoren wurden, sind in der Regel weniger dominant und passen besser zum Essen. Das typische Honigarmoma muss aber zur Speise passen. Um einen geschmacklich zu dominanten Wein zu entschärfen können Sie sich zweier Tricks bedienen: Sie können den Wein mit einer eigentlich zu niedrigen Temperatur anbieten, so wird der Geruchssinn weniger stark angesprochen. Alternativ können sie ihn mit destilliertem Wasser strecken und als Schorle anbieten.
Wie auch für die Speisenfolge gilt für die ausgesuchten Weine: Der Gaumen sollte Abwechslung bekommen, er darf aber nicht überfordert werden. Die Aromaintensität von Speise und Trank sollte sich deshalb von Gang zu Gang leicht steigern. Ausnahme: Die süße Nachspeise, zu der ein eher süßer, aber nicht zu intensiver Wein am Besten passt.
Je fettreicher die Speise, desto gehaltvoller darf der dazu gereichte Wein sein. Das schmeckt nicht nur gut, das fördert auch die Bekömmlichkeit des fetten Essens.
Achtung bei salzhaltigen Speisen: Salz verträgt sich nicht gut mit hohem Alkoholgehalt und Bitterstoffen im Wein.
Und nun wünsche ich ein sicheres Händchen bei der Weinwahl einen sehr guten Appetit!
Die Weinprobe
Der Rahmen, in dem eine Weinprobe mit selbst gemachten Weinen durchgeführt wird, ist sicherlich weniger steif und förmlich. Und das ist auch gut so: Gemütlichkeit und Spaß an der Sache sollten immer im Vordergrund stehen. Konsequenter Weise sollte der Wein auch tatsächlich getrunken und nicht ausgespuckt werden! Schließlich wird es von jedem „Jahrgang“ nur wenige Flaschen geben, da sollte kein Tropfen sinnlos verschwendet werden.
Bei der Weinprobe steht der Wein im Vordergrund. Wenn zum Wein überhaupt Essen gereicht wird, so sollte es den Geschmackseindruck des Weins nicht verfälschen. Hier hat sich neutrales Weißbrot in Verbindung mit einem nicht kohlensäurehaltigen, weichen Mineralwasser bewährt. Käse oder Schinken bilden grundsätzlich zwar eine wunderbare Grundlage für den Alkoholgenuss, können den Weingeschmack aber verfälschen. Das im Käse befindliche Eiweiß kann zum Beispiel mit allzu gerbstoffhaltigen Weinen unangenehm schmecken. Ist ein aufwendigeres Essen geplant, so sollte es nach der Weinprobe stattfinden.
Wie auch bei einem mehrgängigen Essen sollte sich die Geschmacksintensität von Wein zu Wein steigern: Man beginnt mit aromamilden und/oder säurereichen, frischen und trockenen Weinen und arbeitet sich dann vor zu den immer schwereren, gerbstoffreichen Weinen. Die Auswahl der Weine hängt sicherlich davon ab, ob die Teilnehmer bereits mit Frucht- und Honigweinen vertraut sind. Falls nicht, ist es ratsam, zunächst nicht allzu exotische Weine anzubieten. Dazu eignen sich zum Beispiel Johannisbeerwein, ein frischer Erdbeerwein oder ein gut gelagerter, leichterer Kirschwein. Ist das Eis erst einmal gebrochen, können Vorurteile gegenüber Honigweine abgebaut werden, indem ein fruchtiger Wein mit Honig (z.B. rote oder schwarze Johannisbeere mit Honig) gereicht wird. Auch ein trocken ausgebauter, reiner Honigwein kann überraschen, z.B. ein Edelkastanien-Met oder ein Waldhonig-Met. Weine wie Kiwi-Erdbeere oder Maracujawein sind exotisch und lecker genug, um letzte Vorbehalte abzubauen. Dann kann man sich an die echten Fruchtbomben wagen, z.B. eine Sommernachtstraum-Mischung, Schlehen- oder Quittenwein.
Haben die Probanden die erste Verkostung erfolgreich und begeistert überstanden, so kann man ihnen bei der nächsten Weinprobe Weine präsentieren, die in der Vorstellung nicht so gut zugänglich sind, wie z.B. der „Förstermeister“, Ingwerwein, Banane mit Sarsaparill oder Rhabarber-Malz.
Lassen Sie sich bei der Weinprobe Zeit. Jeder Wein verdient Aufmerksamkeit. Betrachten Sie ihn zuerst im Glas, nehmen sie ruhig eine Lichtquelle zur Hilfe: Zeigt er eine Trübung? Funkelt der Wein oder ist er matt? Wie ist die Farbe? Schwenken Sie das Glas: Verhält sich die Flüssigkeit ölig und bildet sie „Tränen“ im Glas? Schwenken Sie ruhig nochmals, damit Aromastoffe frei werden. Riechen Sie dann am Glas. Nehmen sie einen kleinen Schluck und behalten Sie ihn im Mund, damit der Geschmackssinn anspricht. Beurteilen Sie, wie sich der Geschmack und Geruch voneinander unterscheiden. Schlucken Sie den Wein hinunter. Wie verändert sich der Geschmackseindruck im Abgang?
Reden Sie über das, was Sie sehen, schmecken und empfinden. Ein spezielles „Weinvokabular“ ist dazu absolut unnötig, Sie sollten jedoch eine klare Sprache verwenden. Aussagen wie „der Wein ist feminin-elegant“ mögen eine blumige Note haben, sind aber eher nicht geeignet, ein konkretes Geschmacksbild zu vermitteln. Wird ein Wein jedoch als „fruchtig mit pikanter Säure, dabei nur leicht bitter“ beschrieben, so kann das jedermann nachvollziehen.
Bedenken Sie zu allerletzte, dass der Geschmack subjektiv ist. Es gibt zu jedem Wein sicherlich nahe liegende und eher weniger nahe liegende Geschmacksassoziationen, aber ein Geschmack ist niemals „richtig“ oder „falsch“.
In diesem Sinne: Wohl bekommts!