14. Weinfehler und Krankheiten

Mrz 17, 2021 | Anleitungen, Fruchtweine

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Dieses Kapitel soll Ihnen helfen, einen Weinfehler zu erkennen, zu analysieren und zukĂŒnftig zu vermeiden.

Weinfehler sind kein Schicksal. Durch die Einhaltung einiger Regeln können Sie das Risiko von Weinfehlern minimieren. Diese Regeln kennen Sie schon, wenn Sie die anderen Kapitel gelesen haben. Sie lauten:

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Verwenden Sie nur qualitativ gute und frische FrĂŒchte! Fallobst hat beispielsweise nicht zu suchen im Fruchtwein, wenn die Außenhaut beschĂ€digt ist, wenn Sie Schimmel sehen oder die FrĂŒchte ĂŒberreif sind. Dadurch bringen sie unerwĂŒnschte Mikroorganismen in den Ansatz. Jede unerwĂŒnschte Mikrobe im Ansatz ist ein potentieller Krankheitserreger!

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Nehmen Sie eine Reinzuchthefe! Nehmen Sie eine Trockenhefe. Wenn Sie unbedingt eine FlĂŒssighefe verwenden wollen so bereiten Sie einen GĂ€rstarter um eine schnelle AngĂ€rung zu garantieren!

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Riechen Sie an der FlĂŒssighefe oder am GĂ€rstarter. Eine geeignete Hefe riecht auch gut. Wenn Sie EssigsĂ€ure oder einen Lösungsmittelgeruch wahrnehmen, so darf die Hefe nicht verwendet werden!

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Kontrollieren Sie den SÀuregehalt in Ihrem Weinansatz und ergÀnzen Sie gegebenenfalls die SÀuremenge!

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Verwenden Sie beim GĂ€rstart niemals zu viel Zucker, damit die GĂ€rung rasch in Gang kommt!

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Achten Sie auf die Dichtigkeit Ihres GĂ€rspunds!

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Verwenden Sie NĂ€hrsalz und ggf. andere NĂ€hrstoffe. Ein rasch gĂ€render Wein ist weniger AnfĂ€llig fĂŒr mikrobielle Weinfehler als ein langsam gĂ€render Wein.

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Die GĂ€rung braucht so lange wie sie braucht, uns so lange wird die Hefe nicht entfernt! Da sich im GĂ€rungsverlauf aber inaktive und tote Hefen anhĂ€ufen, wodurch das Wachstum unerwĂŒnschter Mikroben gefördert werden kann, wird der Wein nach der GĂ€rung zĂŒgig von der Hefe abgezogen.

Der Hobbywinzer, der im 20- oder 50 l-Maßstab arbeitet, sollte sich bei einem massiven Weinfehler von dem Ansatz trennen und in Zukunft sorgfĂ€ltiger arbeiten, denn die Behebung von Weinfehlern ist meist schwierig oder gar unmöglich. Sie sollten also lieber Weinfehlern vorbeugen. Da die meisten Weinfehler und Weinkrankheiten durch der TĂ€tigkeit unerwĂŒnschter Mikroorganismen entstehen, mĂŒssen Sie sicherstellen, dass die Krankheit nicht versehentlich auf andere AnsĂ€tze ĂŒbertragen wird. Sie mĂŒssen deshalb alle GerĂ€tschaften sorgfĂ€ltig desinfizieren, die mit dem fehlerhaften Wein in BerĂŒhrung gekommen sind. Hinweise dazu finden Sie im Kapitel „Sauberkeit und SterilitĂ€t“!

Nur etwa ein Prozent unserer eigenen AnsĂ€tze verdirbt durch einen Weinfehler, und meist haben wir im Falle des Falles selbst gegen eine der oben genannten Regeln verstoßen.

Das hÀufigste Problem des Hobbywinzers ist eine stockende GÀrung. Hierbei handelt es sich nicht um einen klassische Weinfehler oder um eine klassische Weinkrankheit, weshalb GÀrprobleme nicht in den Rahmen der anderen Weinkrankheiten passt. Trotzdem soll so ein wichtiges Thema nicht vernachlÀssigt werden.

 

Was kann ich tun wenn die GĂ€rung stockt?

Den meisten Hobbywinzern wird das Problem bekannt sein: Der Ansatz gĂ€rt zunĂ€chst passabel, aber die GĂ€raktivitĂ€t sinkt mit steigendem Alkoholgehalt ĂŒberraschend stark ab: Das GĂ€rröhrchen blubbert immer seltener, die Hefe beginnt sich abzusetzen. Der junge Wein schmeckt noch sĂŒĂŸ, die Hefen haben also noch genĂŒgend Zucker zur VerfĂŒgung, und die Alkoholtoleranzgrenze der Hefe ist noch lĂ€ngst nicht erreicht. Die Hefe könnte also durchaus weiter gĂ€ren, sie tut dies aber nur mit geringer AktivitĂ€t; im Extremfall stellt sie ihre AktivitĂ€t komplett ein. Dies sind die typischen Anzeichen einer GĂ€rstockung. Eventuell kann man am GĂ€rröhrchen einen leichten Geruch nach Schwefelwasserstoff (H2S) bemerken: Die Bildung schwefelhaltiger GĂ€rungsnebenprodukten kann ebenfalls ein Warnzeichen fĂŒr eine nahende GĂ€rstockung sein.

Was ist die Ursache fĂŒr dieses PhĂ€nomen und was ist jetzt zu tun? Einerseits kann sich eine derart stockende GĂ€rung endlos lange hinziehen und die Gefahr eines Weinfehlers (Hefeböckser) steigt, andererseits darf der Wein in diesem Zustand nicht ohne weiteres abgefĂŒllt werden, denn damit wĂŒrde ich eine NachgĂ€rung in der Flasche riskieren: Denn die GĂ€rung keinesfalls beendet, sie ist lediglich stark verlangsamt. Bei der AbfĂŒllung kommt die Hefe mit Luftsauerstoff in BerĂŒhrung, und das kann die HefeaktivitĂ€t beleben was die NachgĂ€rungsgefahr steigert.

Ursachen:

Eine typische Ursache ist die Verwendung von Hefen mit einer niedrigen Alkoholtoleranz (siehe auch Kapitel Zucker, Abschnitt „Besonderheiten bei der Verwendung von Hefen mit einer niedrigen Alkoholtoleranz“). In der Praxis stoppt die GĂ€rung bei diesen Hefen nicht abrupt an der Alkoholtoleranzgrenze, sie wird lediglich zunehmend verlangsamt. Dies liegt in der Natur dieser Hefen und ist nicht zu beheben.

Hefen mit hoher Alkoholtoleranz stellen ihre AktivitĂ€t unter idealen Bedingungen ein sobald sie genĂŒgend Alkohol gebildet haben. Diese Hefen sind in der Regel wĂ€rmeliebend, die noch gĂ€renden WeinansĂ€tze sollten bei Raumtemperatur stehen; ideal sind Temperaturen von ĂŒber 20°C. Bei niedrigeren Temperaturen kann die AktivitĂ€t deutlich zurĂŒck gehen und eine GĂ€rstockung vortĂ€uschen.

Ein weiterer AnfĂ€ngerfehler: Die zu hohe Zuckerkonzentration im Ansatz zu Beginn der GĂ€rung. Der Osmostress durch die gelösten Zuckerteilchen fĂŒhrt zu einer Hemmung des Hefewachstums und der GĂ€rfreudigkeit. Dieses Problem habe ich im Kapitel „Zucker“ ausfĂŒhrlich dargestellt.

Auch wenn diese Punkte ausgeschlossen werden kann es gelegentlich zu GĂ€rstockungen kommen. Bei der Ursachenforschung muss man bedenken dass der gebildete Alkohol mit steigendem Gehalt einen zunehmenden Stressfaktor fĂŒr die Hefezellen darstellt. Diesem Stress können die Hefen nur begegnen wenn es ihnen gut geht. Generell gilt: Erreicht eine Hefe ihre Alkoholtoleranzgrenze nicht so muss es einen Stressfaktor geben, der die Hefe zusammen mit dem gebildeten Alkohol belastet. Anders herum ausgedrĂŒckt: Je vitaler eine Hefe, desto stresstoleranter ist sie, desto besser und schneller wird die GĂ€rung verlaufen, desto mehr Alkohol kann gebildet werden und desto deutlicher ist das GĂ€rungsende.

Ein wesentlicher Faktor fĂŒr die VitalitĂ€t einer Hefe ist ihr ErnĂ€hrungszustand. Die Erfordernisse dieser doch so komplexen Mikroorganismen geht weit ĂŒber den einfachen Zucker fĂŒr die im Kapitel „Mikrobiologie“ dargestellte Energiegewinnung hinaus: Sie benötigen Mineralien, Vitamine und Spurenelemente.

Der hĂ€ufigste Grund fĂŒr eine GĂ€rstockung ist eine herabgesetzte VitalitĂ€t der Hefen, hervorgerufen durch NĂ€hrstoffmangel.

 

Hefewachstum und HefeernÀhrung

Bevor wir uns nun genauer mit den NĂ€hrstoffbedĂŒrfnissen der Hefe beschĂ€ftigen mĂŒssen wir unseren Blick auf das Hefewachstum richten. Es spielt nĂ€mlich nicht nur eine Rolle welche NĂ€hrstoffe die Hefen bekommen sondern auch wann sie sie bekommen.

Abb. 15.a1: Hefegesamtzellzahl, Hefelebendzellzahl und GÀrungsaktivitÀt im Verlauf einer typischen WeingÀrung ohne Nachzuckerung (nach Sponholz et al., 1990).

Abb. 15.a1: Hefegesamtzellzahl, Hefelebendzellzahl und GÀrungsaktivitÀt im Verlauf einer typischen WeingÀrung ohne Nachzuckerung (nach Sponholz et al., 1990).

Werfen wir dazu einen Blick auf Abb. 15a1. Sie zeigt die Gesamthefezellzahl (die sich aus lebenden und toten Zellen zusammensetzt), die Lebendzellzahl im Vergleich zum GĂ€rverlauf, wobei die Kohlendioxidabgabe als Maß fĂŒr die GĂ€rung dient (blaue Kurve). Die GĂ€rung verlĂ€uft ganz typisch: Die Kohlendioxidproduktion setzt nach einem Tag ein. Bereits einen Tag spĂ€ter ist die GĂ€rung heftig, die Kurve steigt steil an. Im weiteren Verlauf flacht die Kurve ab, die Kohlendioxidproduktion geht zurĂŒck. Nach 20 Tagen ist die GĂ€rung schließlich zu Ende, es wird kein Kohlendioxid mehr gebildet.

Nehmen wir nun an die GĂ€rungsaktivitĂ€t wĂŒrde allein von der Zellzahl der Hefen abhĂ€ngen. Dann mĂŒsste die Kurve der Gesamtzellzahl (schwarze Kurve) ebenso wie die blaue CO2-Kurve verlaufen. Dem ist aber nicht so: In den ersten zwei Tagen steigt die Zellzahl dramatisch an, aber bereits nach vier Tagen flacht die Kurve stark ab, d.h. die Zellen vermehren sich kaum noch. Der Unterschied zwischen Zellzahl und GĂ€rverlauf wird noch deutlicher wenn wir betrachten wie viele Zellen ĂŒberhaupt noch teilungsfĂ€hig sind: Die grĂ¶ĂŸte Zahl teilungsfĂ€higer Zellen ist nach zwei Tagen zu beobachten, dann sinkt die Lebendzellzahl bereits ab. Nach 12 Tagen, wenn die GĂ€rung noch recht aktiv ist, ist der Großteil der Hefenzellen im Ansatz bereits tot oder zumindest teilungsunfĂ€hig.

Welche Konsequenz hat diese Beobachtung auf die NÀhrstoffversorgung der Hefen im Ansatz bei einer mangelbedingten GÀrstockung? Die GÀrstockung tritt in einer spÀten GÀrphase auf, in der Hefen sich selbst in einem gesunden Ansatz ohne GÀrstockung nicht mehr vermehrt. Ganz im Gegenteil: Die Lebendzellzahl sinkt sogar von Tag zu Tag. Werden in dieser spÀten Phase zusÀtzliche NÀhrstoffe eingebracht, so hat dies keinen Einfluss mehr auf die VitalitÀt der bereits absterbenden Hefe.

Achtung!

Eine nÀhrstoffbedingte GÀrstockung kann nicht durch eine spÀte Gabe von NÀhrstoffen behoben werden.

Ausnahmen bestÀtigen wie immer die Regel. Doch dazu spÀter mehr.

Die Anzahl und VitalitÀt der in der spÀten GÀrphase aktiven Hefezellen ist von der NÀhrstoffversorgung zu Beginn der GÀrung abhÀngig. Deshalb ist eine Behandlung einer GÀrstockung sehr schwierig. Die Vorbeugung einer GÀrstockung ist dagegen einfach: Indem bereits zum GÀrstart ausreichend essentielle NÀhrstoffe zugegeben werden.

 

HefenÀhrstoffe

FĂŒr die VitalitĂ€t und GĂ€rfreudigkeit der Hefen muss also bereits zu Beginn der GĂ€rung gesorgt werden. Welche BedĂŒrfnisse hat die Hefezelle außer Zucker fĂŒr die Energiegewinnung?

WĂ€hrend der Vermehrung bilden die Hefen Zellmasse, die im Vergleich zur pflanzlicher Biomasse reich an Proteinen und NukleinsĂ€uren ist. Deshalb haben die Hefen einen besonders hohen Bedarf an den Elementen Stickstoff (N), Schwefel (S) und Phosphor (P), der durch die Zersetzung des pflanzlichen Materials nur ungenĂŒgend gedeckt werden kann. Stickstoffmangel fĂŒhrt sogar direkt zu einer Hemmung der Zuckeraufnahme der Hefezellen und ist somit ganz wesentlich Ursache fĂŒr GĂ€rstockungen: Die Zellen nehmen den Sticksoffmangel wahr und fahren ihren eigenen Stoffwechsel auf Sparflamme weiter. Das ist gut fĂŒr das Überleben der Hefe, aber schlecht fĂŒr die GĂ€rung in unserem Weinansatz. Stickstoff wird dem Weinansatz ĂŒblicherweise in Form von Ammonium (NH4+) zugefĂŒhrt, z.B. indem man das Salz Ammoniumsulfat ((NH4)2SO4) beim Ansatz zugibt. Nebenbei wird der Wein bei Verwendung dieses Salzes auch mit Schwefel versorgt. Die ĂŒbliche Dosierung ist 4 g auf 10 l Wein.

Generell sind MaischegĂ€rungen robuster als SaftgĂ€rungen. Der Grund ist einfach: Werden die gesamten FrĂŒchte mit vergoren werden viel mehr NĂ€hrstoffe freigesetzt und stehen der Hefe zur VerfĂŒgung. Ammoniumsulfat reicht deshalb als HefenĂ€hrsalz fĂŒr die meisten Fruchtweinmaischen aus.

Anders sieht es aus bei der VergĂ€rung von Trauben und generell bei allen SaftgĂ€rungen sowie bei der VergĂ€rung von besonders nĂ€hrstoffarmen Honigweinen aus. Hier hat sich eine Kombination aus Ammoniumsulfat und Diammoniumsulfat (DAP, chemisch korrekte Bezeichung Diammoniumhydrogenphosphat (NH4)2HPO4)) sowie Thiamin (Vitamin B1) bewĂ€hrt. Das DAP versorgt die Hefen außer mit Stickstoff auch mit Phosphat, Thiamin reduziert die Bildung von schwefelbindenden GĂ€rungsnebenprodukten. Thiamin ist in sehr kleinen Mengen wirksam, das Gesetz erlaubt die Zugabe von bis zu 6 mg Thiamin pro 10 l Wein. Um ein Dreikomponenten-MultinĂ€hrsalz anzusetzen werden folgende Zutaten zusammen gegeben und sehr gut gemischt:

  • 1 kg MultinĂ€hrsalz a la Fruchtweinkeller:
  • 600 g Ammoniumsulfat
  • 400 g Diammoniunphosphat
  • 1,2 g Thiamin

Die Einwaage des Thiamins sollte mit einer hinreichend genauen Waage erfolgen um Überdosierungen zu vermeiden. Einige Hersteller bieten ThiaminprĂ€parate mit zehnfach reduziertem Thiamingehalt an, 1 g des PrĂ€parats enthĂ€lt nur 100 mg Thiamin. Von diesem PrĂ€parat mĂŒssen 12 g eingewogen werden.

Pro 10 l Wein werden 5 g MultinÀhrsalz eingesetzt.

Fertige HefenĂ€hrsalze unterschiedlichster Zusammensetzungen gibt es im Fachhandel. Einige PrĂ€parate enthalten zusĂ€tzlich noch Hefeextrakt oder Hefezellwand (bzw. Heferinde, siehe unten). Beide Komponenten können auch einzeln verwendet werden. Die ĂŒbliche Dosierung von Hefezellextrakt ist 2-3 g pro 10 l Wein, von der Hefezellwand werden 4 g pro 10 l Wein eingesetzt. Die Zugabe erfolgt natĂŒrlich ebenfalls beim GĂ€rstart. ErwĂ€hnenswert ist weiterhin das Produkt „VitaDrive“ der Firma Erbslöh Geisenheim, das der Trockenhefe bereits bei der Rehydrierung zugesetzt wird und mobilisierend auf die HefeaktivitĂ€t wirken soll. VitaDrive wird zusĂ€tzlich zum HefenĂ€hrsalz verwendet.

Viele „einfache“ HefenĂ€hrsalze aus dem Hobbywinzerbedarf enthalten ausschließlich DAP anstelle von Ammoniumsulfat als einige Komponente. Wir bevorzugen Ammoniumsulfat da synthetische NĂ€hrmedien z.B. fĂŒr die Anzucht von Hefen im Labor mit Ammoniumsulfat supplementiert werden und nicht mit DAP.

Alle hier vorgestellten GĂ€rhilfsstoffe sind zwar gesetzlich zugelassen, aber die jeweils erlaubten Höchstmengen sind fĂŒr Trauben- oder Fruchtweine unterschiedlich. Falls der Wein in Umlauf gebracht werden soll (durch Verkauf oder Schenkung) sollten Sie also einen Blick in das Weingesetz werfen bevor Sie blind den hier gegebenen Angaben folgen. Links zum Thema Weingesetz finden Sie hier.

Zum Schluss ein wichtiger Hinweis: Viel hilft nicht viel! Die hier genannten NĂ€hrstoffmengen sollten nicht ĂŒberschritten werden. Einerseits wird die GĂ€rfreudig bei höherer Dosierung nicht noch weiter erhöht, andererseits können Überdosierungen sogar Geschmacksfehler verursachen. Wird zu viel HefenĂ€hrsalz verwendet kann der Wein salzig schmecken, eine Überversorgung mit Thiamin kann das Wachstum unerwĂŒnschter Hefen fördern die einen Geschmacksfehler verursachen („Pferdeschweiß“).

Achtung!

HefenĂ€hrstoffe sollen nicht ĂŒberdosiert werden!

Behandlung von beginnenden GĂ€rstockungen und die Rolle des Sauerstoffs

Bei aller Vorsicht und trotz der Verwendung von NĂ€hrstoffen wird jeder Hobbywinzer frĂŒher oder spĂ€ter mit einer GĂ€rstockung zu kĂ€mpfen haben. Die Behandlung ist schwierig, aber möglich.

ZunĂ€chst muss ich jedoch etwas weiter ausholen um Ihnen den Sinn und Zweck der Maßnahmen zu vermitteln. Es gibt einen bisher nicht genannten weiteren Grund warum MaischegĂ€rungen oft robuster und problemloser verlaufen als andere GĂ€rungen. Der Grund ist der Sauerstoff.

Im Kapitel „Mikrobiologie“ habe ich ausfĂŒhrlich dargestellt wie die Hefe ohne Sauerstoff ĂŒberleben kann. Streng genommen ist das nicht ganz richtig: Die Hefe benötigt winzige Mengen Sauerstoff zur Synthese von speziellen Bestandteilen der Plasmamembran. Pikanter Weise sind ausgerechnet diese Substanzen wichtig fĂŒr die Alkoholtoleranz der Zellen. Bei einer MaischegĂ€rungen sind diese Substanzen erstens in erhöhter Menge im Ansatz, zweitens ist der ausgiebige Sauerstoffkontakt beim Abpressen der Maische eine regelrechte VerjĂŒngungskur fĂŒr die Hefen, eben weil bei der Atmung einerseits mehr Energie zur VerfĂŒgung steht als bei der GĂ€rung und andererseits Sauerstoff fĂŒr die ansonsten blockierten Synthesen vorhanden ist. Den gleichen Effekt hat der kurzzeitige Sauerstoffeintrag bei der Nachzuckermethode, wenn der Ballon fĂŒr die Zuckerzugabe kurzzeitig geöffnet wird. Damit kein MissverstĂ€ndnis entsteht: Der positive Effekt des Sauerstoffs bedeutet keinesfalls das der GĂ€rballon wĂ€hrend der GĂ€rung ĂŒber lĂ€ngere Zeit hinweg offen bleiben darf. Und gerade am Ende der GĂ€rung muss Sauerstoffkontakt vermieden werden da ihn die Hefen in dieser Phase sowieso nicht mehr nutzen können.

Diese Erkenntnis gibt uns zwei Möglichkeit beginnende GĂ€rstockungen zu behandeln: Durch BelĂŒftung, denn Sauerstoff erlaubt die Synthese der benötigen Membranbestandteile, und durch Zugabe von Heferinde, denn Heferinde ist reich an den Bestandteilen. Ein weiterer positiver Effekt der Heferinde: Sie bindet giftige Stoffwechselprodukte.

Achtung!

Sauerstoff fördert die HefevitalitÀt, die Hefevermehrung und die GÀraktivitÀt. Eine kurzzeitiger (!) Luftkontakt des gÀrenden Weins ist daher nicht nur unbedenklich, er kann sogar vorteilhaft sein. Erst wenn der Wein von der Hefe abgezogen wurde muss der Luftkontakt so weit wie möglich reduziert werden.

Wohlgemerkt: Diese Behandlung macht nur Sinn wenn die beginnende GĂ€rstockung frĂŒhzeitig bemerkt wird (z.B. wenn der Ansatz nach schwefelhaltigen Verbindungen wie Schwefelwasserstoff riecht) und noch genĂŒgend lebende Hefe vorhanden ist die auf die Behandlung ansprechen kann.

Noch ein Wort zur Nachzuckermethode. Wir haben festgestellt das die gelegentliche BelĂŒftung bei der Zuckergabe sich positiv auf das GĂ€rvermögen der Hefen auswirkt. Nicht förderlich sind ausgedehnte „Hungerzeiten“ wenn der Zucker vollstĂ€ndig verbraucht ist. Man sollte sich angewöhnen mindestens einmal in der Woche den Restzuckergehalt zu testen und gegebenenfalls Zucker zuzugeben.

 

Behandlung von nicht mehr gÀrenden AnsÀtzen

Wenn die GĂ€rstockung zu spĂ€t erkannt wird kann die vorhandene Hefe nicht mehr aktiviert werden. Es gibt nur noch eine Behandlungsmöglichkeit: Der Ansatz muss mit einer frischen, vitalen Hefe versetzt werden, die in der Lage ist noch vorhandenen Restzucker zu vergĂ€ren, falls der Most noch zu sĂŒĂŸ ist. Das ist jedoch nicht ganz so einfach wie es auf den ersten Blick erscheint. Folgende Faktoren wirken hemmend auf Hefe, die einfach dazugeschĂŒttet wird:

  1. Der Ansatz enthÀlt Alkohol. Hefezellen brauchen Zeit um sich an den Alkohol zu gewöhnen und um eine Alkoholtoleranz auszubilden. Nicht angepasste Hefen erleiden einen Alkoholschock und stellen das Wachstum ein.
  2. Der Ansatz enthĂ€lt ĂŒberproportional viel Fructose. Die Ursache ist folgende: Die Hefen scheiden ein Enzym zur Spaltung des Doppelzuckers Saccharose aus, die so genannte Invertase. Dadurch werden die Bausteine der Saccharose, die Glucose und die Fructose, freigesetzt. Die Hefen verwerten zunĂ€chst die Glucose und dann erst die Fructose. Das hat zur Folge das der ausgegorene Wein (ohne Nachzuckermethode) manchmal zehn mal mehr Fructose enthĂ€lt als Glucose. Es gibt HefestĂ€mme die gerade bei einem so dramatischen Überschuss an Fructose nicht angĂ€ren weil sie zum Anwachsen Glucose bevorzugen.
  3. Die NĂ€hrstoffe im Ansatz sind weitgehend verbraucht.

Die folgende Vorgehenswiese hat sich bewĂ€hrt um trotz der genannten Schwierigkeiten die GĂ€rung wieder in Gang zu bringen. Alle Angaben beziehen sich auf 10 l Wein mit GĂ€rstockung („Problemwein“). Da stark schwankende Temperaturen die Hefen schĂ€digen können mĂŒssen alle verwendeten SĂ€fte und der Problemwein, soweit nicht anders genannt, vor der Verwendung auf die gleiche Temperatur gebracht werden damit die Hefe keinen Temperaturschock erleidet. Die Temperatur sollte nicht zu niedrig sein (20-25°) damit die GĂ€rung zĂŒgig einsetzen kann.

 

  1. Ziehen sie den Problemwein vom Hefebodensatz ab. Die Hefe ist weitgehend inaktiv und die sich zersetzende Biomasse könnte Weinfehler fördern.
  2. WĂ€hlen Sie eine Trockenhefe mit erhöhter Fructosetoleranz aus. Dies sind meist Bayanus-Hefen (S. cerevisiae var. bayanus). Einige Anbieter bieten spezielle Reparaturhefen zur Beseitigung von GĂ€rstockungen an (z.B. „Hefix 2000“ von Erbslöh). 3-4 g Hefen werden in 30-40 ml lauwarmen Wasser (Temperatur nicht ĂŒber 40°C) eingerĂŒhrt und 20 Minuten lang stehen gelassen.
  3. Zugabe von 100 ml naturtrĂŒbem Apfelsaft sowie 2 g HefenĂ€hrsalz (Diammoniumphosphat und Ammoniumsulfat, aber ohne Thiamin, denn letzteres könnte einen Fehlton hervorrufen wenn es spĂ€t in den Ansatz gegeben wird wie in diesem Fall) und zusĂ€tzlich optional 2 g Hefeextrakt oder Hefezellwand. Nun bei Raumtemperatur stehen lassen und öfters schĂŒtteln, denn der Eintrag von Sauerstoff ist erwĂŒnscht. Nach wenigen Stunden sollte der Ansatz heftig schĂ€umen da die GĂ€rung und die Hefevermehrung einsetzten.
  4. Zugabe von weiteren 100 ml Apfelsaft und 100 ml Problemwein. Etwas vier bis fĂŒnf Stunden stehen lassen und weiterhin regelmĂ€ĂŸig rĂŒhren. Die GĂ€raktivitĂ€t darf nicht nachlassen.
  5. Zugabe von weiteren 100 ml Apfelsaft und 200 ml Problemwein. Über Nacht stehen lassen, wenn technisch möglich weiter rĂŒhren.
  6. Falls die Hefe weiterhin aktiv ist: Zugabe des Ansatzes zum verbleibenden Problemwein. Bei Raumtemperatur ohne Luftzufuhr gÀren lassen.

Die im folgenden dargestellten Fehler und Krankheiten habe ich grob nach ihrer Bedeutung fĂŒr den Hobbywinzer sortiert. HĂ€ufig auftretende Fehler finden Sie weiter oben, selten auftretende Fehler oder Fehler die typisch fĂŒr Traubenweine sind finden sind weiter unten.

 

EssigsÀurestich

Sicherlich hat jeder schon einmal eine Flasche Wein geöffnet, die nach Essig gerochen hat. Essig ist eine flĂŒchtige und damit eine riechbare SĂ€ure, deren Anwesenheit schon bei geringer Konzentration als störend empfunden wird. Normale Weine besitzen einen EssigsĂ€uregehalt von bis zu 0,5 g/l. Bereits geringfĂŒgig höhere Werte können von geĂŒbten Weintrinkern erkannt und beanstandet werden.

Die EssigsĂ€ure kommt im Wein nicht nur in freier Form vor, sondern geht teilweise auch eine Verbindung mit dem Alkohol ein: Bei der sogenannten Veresterung mit Ethanol bildet sich EssigsĂ€ureethylester (Abb. 15.1), das einen Lösungsmittelgeschmack („Uhuton“) aufweist. Der Geruch nach Essig geht deshalb oft einher mit einem Lösungsmittelgeruch.

Abb. 15.1: Bildung von EssigsÀureethylester aus Ethanol in Gegenwart von EssigsÀure

Abb. 15.1: Bildung von EssigsÀureethylester aus Ethanol in Gegenwart von EssigsÀure

Ursachen:

In sehr selten FĂ€llen wird EssigsĂ€ure in störenden Mengen durch Hefen (meist Wildhefen) oder durch MilchsĂ€urebakterien gebildet. In den allermeisten FĂ€llen wird der EssigsĂ€urestich aber durch die TĂ€tigkeit von EssigsĂ€urebakterien hervorgerufen. Bei einem sehr starken Wachstum der Bakterien können sie auf OberflĂ€che des Weinansatzes eine Haut bilden, die sogenannte „Essigmutter“. Diese Haut kann absinken, wenn sie zu dicht wird. Der Name Essigmutter stammt aus der Essigherstellung, denn sie wird Weinen zur Herstellung von Weinessig gezielt zugesetzt. Wie die EssigsĂ€ure entsteht, haben sie bereits im Kapitel „Mikrobiologie“ erfahren.

Das Reaktionsschema ist nochmals in Abb. 15.2 dargestellt. Die EssigsĂ€urebakterien gewinnen Energie durch Oxidation von Ethanol zu EssigsĂ€ure. Da die EssigsĂ€ure nicht weiter abgebaut wird (z.B. in Kohlendioxid und Wasser), handelt es sich dabei um eine unvollstĂ€ndige Oxidation. Dieser Vorgang ist nicht zu verwechseln mit einer GĂ€rung! Diesen Fehler finden Sie sogar in einigen LehrbĂŒchern.

Abb. 15.2: Oxidativer Abbau von Ethanol zu EssigsÀure durch EssigsÀurebakterien

Abb. 15.2: Oxidativer Abbau von Ethanol zu EssigsÀure durch EssigsÀurebakterien

Vermeidung:

Riechen Sie an der FlĂŒssighefe oder am GĂ€rstarter, bevor Sie die Hefe in den Weinansatz geben. Wenn Sie einen Essiggeruch wahrnehmen, so darf die Hefe nicht verwendet werden. Die gekauften FlĂŒssighefen können bereits mit EssigsĂ€urebakterien kontaminiert sein. So eine FlĂŒssighefe darf keinesfalls verwendet werden (siehe auch Kapitel „Die Hefen“).

Da die EssigsĂ€urebakterien fĂŒr ihr Werk Sauerstoff aus der Luft benötigen, ist die Vermeidung dieses Fehlers relativ einfach: Achten Sie auf die Dichtigkeit Ihres GĂ€rspunds oder Ihres GĂ€rrohrchens und der GĂ€rkappe. Schon kleine Risse im Gummi der GĂ€rkappe können fĂŒr eine ausreichende Luftversorgung reichen. Ein Verschluss aus Watte reicht fĂŒr Ihr GĂ€rgefĂ€ĂŸ nicht aus, denn durch die Watte kann das bei der GĂ€rung entstehende Kohlendioxid entweichen, es kann aber auch Sauerstoff eintreten. Ein gelegentliches Öffnen des GĂ€rgefĂ€ĂŸes wĂ€hrend der GĂ€rung, z.B. zur Probenentnahme, ist aber unbedenklich. Ist die GĂ€rung noch im Gang, so werden die Hefen den eintretenden Sauerstoff sehr schnell verbraucht haben.

Bei der Lagerung des abgefĂŒllten Weins ist die Verwendung von Korken mit minderer QualitĂ€t eine Ursache fĂŒr den Essigstich. Werden die Korken undicht und gelangt dadurch Sauerstoff an den Wein, kann dieser Oxidieren und in Essig umgewandelt werden.

EssigsĂ€urebakterien besitzen eine niedrigere Alkoholtoleranz als die meisten Reinzuchthefen. Ab einem Alkoholgehlat von etwa 12% können sie nicht mehr wachsen. Ein gesunder Weinansatz hat diesen Alkoholgehalt innerhalb von ein bis zwei Wochen erreicht und ist dann geschĂŒtzt. Bedenken Sie aber: Wenn Ihre GĂ€rkappe bei der Lagerung eines Weins undicht ist, so kann der Alkoholgehalt durch Verdunstung sinken. Verlassen Sie sich also nicht zu sehr auf den Schutz durch den Alkohol bei Lagerung.

Eine weitere Achillesferse der EssigsĂ€urebakterien ist deren Empfindlichkeit gegenĂŒber Schwefelung. Sie werden Probleme haben, aus einem geschwefelten Wein gezielt Essig herzustellen. Falls Sie den Verdacht haben, dass die Bakterien in Ihrem Wein unerwĂŒnscht zu Gange sind, so können Sie ihn vorsichtshalber schwefeln durch Zugabe von 0,1 g/l Kaliumpyrosulfit. Die Reinzuchthefen sollten durch diese Schwefelmenge höchstens leicht gehemmt werden.

Behandlung:

Der Weinfehler lĂ€sst sich leider nicht mehr beheben, selbst durch eine Destillation kann die EssigsĂ€ure nicht hinreichend abgetrennt werden. BelĂŒften Sie den Wein gezielt, um daraus einen guten Fruchtessig herzustellen.

 

Lösungsmittelgeruch und Lösungsmittelgeschmack, „Uhuton“

Der Lösungsmittelgeschmack wird durch verschiedene Ester hervorgerufen, dabei handelt es sich um Verbindungen aus einem Alkohol und einer SĂ€ure. Der am hĂ€ufigsten vorkommende Ester im Wein ist der EssigsĂ€ureethylester (siehe auch „Essigstich“, Abbildung 15.1), es finden sich aber auch viele andere Ester aus lĂ€ngerkettigen Alkoholen. Die Ester sind generell ausgesprochen geruchs- und geschmacksintensiv und haben einen großen Einfluss auf das Bukett des Weins. Die Konzentration des EssigsĂ€ureethylesters in einem normalen, „gesunden“ Wein betrĂ€gt etwa 50 mg/l. Ab einer Konzentration von etwa 200 mg/l werden die Ester jedoch als störend empfunden und rufen den „Uhuton“ hervor.

Ursachen:

Ester sind Nebenprodukte der GĂ€rung und werden von allen Hefen in geringen Mengen gebildet. Kommen sie in störender Menge vor, so deutet dies auf die TĂ€tigkeit von „wilden“ Hefen der Gattungen Hansenula, Pichia, Candida u.a. hin. Auch Kahmhefen können große Mengen Ester produzieren.

Vermeidung:

Verwenden Sie eine Reinzuchthefe. Diese wird eventuell vorhandene „wilde“ Hefen schon nach kurzer Zeit ĂŒberwachsen und verdrĂ€ngen. Eine große Gefahr geht von ĂŒberreifen verletzten FrĂŒchten aus, in denen sich wilde Hefen vermehren können. Falls solche FrĂŒchte verwendet werden, kann bei GĂ€rbeginn geschwefelt werden, denn die wilden Hefen reagieren darauf empfindlicher als die Reinzuchthefen.

Die gekauften FlĂŒssighefen können derart mit Wildhefen verunreinigt sein, dass die Flasche bereits beim ersten Öffnen nach Estern riecht. So eine FlĂŒssighefe darf keinesfalls verwendet werden (siehe auch das Kapitel „Die Hefen“).

Behandlung:

Eine Behandlung ist leider nicht möglich. Der Ansatz muss verworfen werden.

 

Luftgeschmack, Oxidation, „Sherrynote“ im fertigen Wein, „Brauner Bruch“

Falsch gelagerter Wein wird brÀunlich. Gleichzeitig verliert er zunehmend sein Bukett und wird schal und matt. Im fortgeschrittenen Stadium entsteht ein Fehlaroma, das an Sherry erinnert. Im Abgang ist der Wein rau und eventuell bitter.

Ursachen:

Dieser Weinfehler entsteht durch den Einfluss von Luftsauerstoff auf den Wein durch Oxidation. Chemisch gesehen reagiert der Sauerstoff zunĂ€chst mit den polyphenolischen Tanninen im Wein, wobei Wasserstoffperoxid (H2O2) entsteht. Wasserstoffperoxid ist sehr reaktiv und kann zum Beispiel Farbstoffe zerstören, weshalb es gern als Bleichmittel beim Frisör eingesetzt wird. Es greift auch die Farb- und Aromastoffe im Wein an. Außerdem bewirkt es die allmĂ€hliche Oxidation von Alkohol zu Acetaldehyd (Abb. 15.3). Acetaldehyd ist ebenfalls reaktiv und kann Farb- und Aromastoffe angreifen. Es ist leicht flĂŒchtig und wird deshalb schon in geringen Mengen geschmacklich wahrgenommen. Auch Sherry enthĂ€lt Acetaldehyd, weswegen betroffene Weine geschmacklich an Sherry erinnern. Beim Sherry entsteht Acetaldehyd allerdings nicht spontan, sondern durch die TĂ€tigkeit spezieller florbildender Hefen, die die unkontrollierte Oxidation durch Luftsauerstoff durch eine Hautbildung verhindern und sherrytypische Bukettstoffe bilden.

Abb. 15.3: Oxidative Umwandlung von Ethanol zu Acetaldehyd (Ethanal).

Abb. 15.3: Oxidative Umwandlung von Ethanol zu Acetaldehyd (Ethanal).

 

Vermeidung:

Die Vermeidung dieses Weinfehlers ist vergleichsweise einfach: Wird der fertige Wein in Weinballons gelagert, so mĂŒssen die Ballons immer randvoll gefĂŒllt sein. Wenn kein passender Ballon zur VerfĂŒgung steht, kann ein spezielles lebensmittelechtes „oenologisches“ Öl auf den Wein gegeben werden, das den Kontakt mit der Luft unterbindet. Dazu reicht eine Ölschicht mit der Dicke von etwa einem Zentimeter. Auch auf die Dichtigkeit der GĂ€rkappen muss geachtet werden, zudem mĂŒssen die GĂ€rröhrchen immer mit Wasser gefĂŒllt sein. Die Schwefelung und die Verwendung von Vitamin C vermittelt einen gewissen Schutz vor der Oxidation, sind aber bei bei lĂ€ngerem Kontakt mit Luftsauerstoff wirkungslos. Der Weinfehler tritt außerdem auf, wenn bereits abgefĂŒllte Weinflaschen augrund qualitativ schlechter Korken undicht werden.

Behandlung:

Dieser Weinfehler kann nur im sehr frĂŒhen Stadium behandelt werden. Dann kann es ausreichen, den BehĂ€lter randvoll zu fĂŒllen und den Wein zu Schwefeln, damit der Luftgeschmack zurĂŒck geht. Alternativ kann der Wein mit jungem Wein verschnitten werden. Im fortgeschrittenen Stadium sind die VerĂ€nderungen aber irreversibel, und der Wein muss verworfen werden.

 

Luftgeschmack, Oxidation, „Sherrynote“ wĂ€hrend der GĂ€rung

Der bereits beschriebene Weinfehler kann auch wĂ€hrend der GĂ€rung in Abwesenheit von Sauerstoff auftreten: Der Geschmack wird matt und schal, der Wein kann brĂ€unlich werden. Dieser Weinfehler ist typisch fĂŒr Weine, die langsam gĂ€ren, z.B. Honigweine mit einem geringen Fruchtanteil.

Ursachen:

Die Ursache ist auch hier das Acetaldehyd. Wie bereits im Kapitel „Mikrobiologie“ dargestellt wurde, ist es ein Zwischenprodukt bei der alkoholischen GĂ€rung. Besonders in der frĂŒhen GĂ€rphase kann es von den Hefezellen freigesetzt werden. Üblicherweise nimmt die Konzentration des Acetaldehyds im Verlauf der GĂ€rung aber wieder ab. Bei sehr langsam verlaufenden GĂ€rungen, bei denen sich die Hefe am Boden absetzt, wird aber eine deutlich stĂ€rkere Acetaldehydmenge im fertigen Wein beobachtet. Außerdem haben spontan vergorene Weine in der Regel eine deutlich höhere Aldehydkonzentration also solche, bei denen eine Reinzuchthefe verwendet wurde.

Vermeidung:

Verwenden Sie eine Reinzuchthefe. Der GĂ€rung soll möglichst rasch einsetzten und schnell verlaufen. Ein GĂ€rstarter ist dazu hilfreich, das HefenĂ€hrsalz darf nicht vergessen werden, und der Zuckergehalt des Ansatzes darf zu Beginn der GĂ€rung nicht zu hoch sein. WĂ€hrend der GĂ€rung sollte der Wein tĂ€glich geschĂŒttelt werden, damit sich die Hefe besonders bei schlecht gĂ€renden Weinen nicht zu lange am Boden absetzen kann. Dadurch könnte es zu Konzentrationsunterschieden im Weinballon kommen, welche die Freisetzung von Acetaldehyd aus den Hefezellen fördert.

VerlÀuft die GÀrung zu heftig, so darf der Ansatz keinesfalls geschwefelt werden, um die GÀraktivitÀt zu senken. Das SO2 bindet an das Acetaldehyd, worauf die Hefe mit der verstÀrkten Bildung von Acetaldehyd reagiert. Dadurch steigt die Acetaldehydmenge im fertigen Wein. Die Schwefelung des Weins darf deshalb erst dann erfolgen, wenn die GÀrung vollstÀndig beendet ist.

Ein weiterer Risikofaktor ist das Mischen von bereits gÀrendem Wein mit jungem, unvergorenem Most. Auch dabei kommt es einer Verringerung der Acetaldehydmenge, auf welche die Hefe mit einer verstÀrkten Neubildung reagiert.

Behandlung:

siehe „Luftgeschmack, Oxidation, Sherrynote wĂ€hrend der GĂ€rung“.

 

Kahmhefe, Kahmigwerden

Auf dem Wein bildet sich eine dicke, grauweiße bis beige-rötliche Haut, die Kahm-Haut oder Kahm-Decke. Diese Schicht kann eine Dicke von einem Zentimeter und mehr erreichen. Der Wein entwickelt den typischen „Kahm-Geschmack“, der an den bereits beschriebenen Luftgeschmack erinnert: Die Aromen werden dĂŒnn, er schmeckt oxidiert und fade. Ein leichter Lösungsmittel- und Essiggeschmack kann sich entwickeln.

Ursachen:

Dieser Weinfehler entsteht durch das ungehemmte Wachstum von Kahmhefen. Das ist ein Sammelbegriff fĂŒr verschiedene „wilde“ Hefen, z.B. der Gattungen Hansenula, Pichia und Candida. Solche Hefen haften auf vielen FrĂŒchten, folglich sind diese Hefen in den meisten AnsĂ€tzen enthalten und können sich in der frĂŒhen GĂ€rphase vermehren. Die typische Kahmhaut kann sich aber erst bilden, wenn der Wein Kontakt mit Sauerstoff bekommt. Dann beginnen die Hefen, den bereits entstanden Alkohol und den eventuell vorhandenen Restzucker zu veratmen. Dabei entstehen Aldehyde und Ester (siehe „Luftgeschmack“) sowie EssigsĂ€ure, je nach Art der vorherrschenden Kahmhefe.

Die Bildung der Kahm-Haut ist keinesfalls zu verwechseln mit dem Flor, der sich wÀhrend der Sherry-Veredelung auf dem Wein bildet. Bei der Sherry-Veredelung sind ganz andere Hefen beteiligt,

Vermeidung:

Die GĂ€raktivitĂ€t und die Alkoholtoleranz der Kahmhefen sind im Vergleich zu den Saccharomyces-Arten gering. Ihr zerstörerisches Werk können die Kahmhefen nur dann beginnen, wenn der Wein einen lĂ€nger andauernden Kontakt mit Luftsauerstoff hat. Es ist deshalb wichtig, die GĂ€rbehĂ€lter spĂ€testens nach dem Abpressen der Maische zu 9/10 zu fĂŒllen. Nach der GĂ€rung sollen die GĂ€rbehĂ€lter möglichst randvoll gefĂŒllt werden. Da die Kahmhefen ab einem Alkoholgehalt von etwa 12 bis 13% nicht mehr wachsen können, sollte die GĂ€rung möglichst rasch einsetzen, damit dieser Alkoholgehalt frĂŒh erreicht wird. Deshalb sollte eine Reinzuchthefe verwendet werden. Wird der fertige Wein gelagert, so sollte er möglichst kĂŒhl stehen, da manche Kahmhefen bei hohen Temperaturen ausnahmsweise auch einen Alkholgehalt von bis zu 14% tolerieren können. Luftsauerstoff darf dann keinen Kontakt mit dem Wein haben.

Behandlung:

Kahmhefen sind gegenĂŒber Schwefeldioxid sehr tolerant. Deshalb kann eine Schwefelung den Geschmack zwar verbessern aufgrund der antioxidativen Wirkung, die Kahmhefen werden aber nicht behindert oder gar abgetötet. Der Wein sollte deshalb zunĂ€chst vorsichtig unter der Kahmhaut abgezogen werden. Der Geschmacksfehler kann durch Zugabe von Aktivkohle (2-3 g/l) gemindert werden, anschließend sollte der Wein ggf. nochmals geschönt und auf jeden Fall steril filtriert werden. Dann kann der Wein mit gesundem Wein verschnitten werden.

 

Böckser: GÀrungsböckser

Unter dem Begriff „Böckser“ werden verschiedene Weinfehler zusammengefasst. Ihnen gemeinsam ist der Geruch nach faulen Eiern beziehungsweise Schwefelwasserstoff (H2S). In besonders schweren FĂ€llen tritt zusĂ€tzlich ein scharfer, knoblauch- oder maggiĂ€hnlicher Geruch auf. Man spricht von einem GĂ€rungsböckser, wenn diese GerĂŒche bereits wĂ€hrend der GĂ€rung auftreten.

Ursachen:

Schwefelwasserstoff entsteht in geringen Mengen bei jeder GĂ€rung und kann sogar positiv zum Bouquet beitragen. Unter bestimmten Bedingungen entsteht jedoch zuviel Schwefelwasserstoff, und er wird als störend empfunden. Der Schwefelwasserstoff kann mit Alkoholen reagieren, dabei bilden sich ĂŒbelriechende Schwefelalkohole, die Mercaptane. So kann z.B. aus Ethanol das Ethanthiol entstehen. (Abb. 15.4). Aus den Mercaptanen können sich weitere schlecht riechende Substanzen bilden.

Abb. 15.4: Entstehung des Mercaptans Ethanthiol aus Ethanol in Gegenwart von Schwfelwasserstoff.

Abb. 15.4: Entstehung des Mercaptans Ethanthiol aus Ethanol in Gegenwart von Schwfelwasserstoff.

Vermeidung:

Die genauen Ursachen fĂŒr den GĂ€rungsböckser sind leider noch unklar. Es gibt aber verschiedene bekannte Risikofaktoren, die das entstehen eines Böcksers fördern. Beim Traubenwein können zum Beispiel SpritzmittelrĂŒckstĂ€nde auf den Trauben oder Schwefelreste im Fass den Böckser fördern. Generell riechen MaischegĂ€rungen, die reich an TrĂŒbstoffen sind, intensiver nach Schwefelwasserstoff als trĂŒbstoffarme Weine. Deshalb wird der Schleim im frisch gepressten Saft von hellen Trauben vor Beginn der GĂ€rung gefiltert (Entschleimungsfiltration). FĂŒr den Hobbywinzer ist die Tatsache interessant, dass viele Wildhefen mehr Schwefelwasserstoff bilden als Reinzuchthefen. Dies ist ein guter Grund mehr, eine Reinzuchthefe zu verwenden. Ein weiterer bekannter Risikofaktor ist NĂ€hrstoffmangel, weswegen besonders die nĂ€hrstoffarmen Honigweine einen ĂŒblen Geruch wĂ€hrend der GĂ€rung entwickeln können. Dem kann man durch Zugabe von NĂ€hrsalz und von Fruchtsaft entgegen wirken.

Behandlung:

Wie bereits erwĂ€hnt bildet sich bei jeder GĂ€rung Schwefelwasserstoff in unterschiedlichen Mengen. Auch wenn der Geruch bei extrem nĂ€hrstoffarmen oder bei einigen MaischegĂ€rungen sehr auffĂ€llig sein sollte fĂŒhrt dies in der Regel nicht zu einem andauernden Weinfehler. Woran liegt das? Die Schwefelwasserstoffbildung ist besonders intensiv in der frĂŒhen GĂ€rphase und lĂ€sst anschließend nach. Der gebildete Schwefelwasserstoff wird mit dem Kohlendioxid ausgetrieben, Eine einfache Methode, letzte Schwefelwasserstoffreste zu neutralisieren, ist die BelĂŒftung. Deshalb sollte man den Wein beim Abziehen ĂŒber die Innseite des Ballons laufen lassen, damit er eine große OberflĂ€che hat. Dabei reagiert der Schwefelwasserstoff mit Sauerstoff, es bilden sich Wasser und Schwefel. Auch die Schwefelung bei beendeter GĂ€rung bewirkt einen Schwefelwasserstoffabbau (Abb. 15.5).

Abb. 15.5: Abbau von Schwefelwasserstoff in Gegenwart von Sauerstoff oder Schwefeldioxid.

Abb. 15.5: Abbau von Schwefelwasserstoff in Gegenwart von Sauerstoff oder Schwefeldioxid.

Bei sehr starken Böcksern kann eine Behandlung mit Aktivkohle den Weinfehler verbessern. Profis behandeln hartnĂ€ckige Böckser mit Schwermetallsalzen. Davon sollte der Hobbywinzer die Finger lassen, denn SchwermetallrĂŒckstĂ€nde sind gesundheitsschĂ€dlich!

Böckser: Hefeböckser

Die oben genannten GerĂŒche können auch entstehen, wenn der Wein in der KlĂ€rungsphase auf dem Hefebodensatz steht. Unbemerkt kann der faulige Geruch Ă€ußerst intensiv werden.

Ursachen:

Unsere Nase reagiert sehr empfindlich auf FĂ€ulnisgase wie Schwefelwasserstoff, um uns vor dem Verzehr verdorbenerer Nahrungsmittel zu bewahren. Schwefelwasserstoff entsteht, wenn Biomasse unter Luftabschluss zerfĂ€llt. Genau das ist in diesem Fall geschehen: Die Hefe hat sich zersetzt und ist in FĂ€ulnis ĂŒbergegangen. An diesem Prozess können Bakterien beteiligt sein, insbesondere bei einem niedrigen Alkoholgehalt des Weins. Die sich auflösenden Hefezellen setzen NĂ€hrstoffe frei und sind deshalb ein idealer Lebensraum andere Mikroorganismen.

Vermeidung:

Nach beendeter GĂ€rung wird der Wein geschwefelt, wodurch das Absetzten der Hefe gefördert wird. Sie bildet einen recht kompakten Bodensatz, der eine beige-helle Farbe hat. DarĂŒber setzten sich oft noch Fruchtreste ab, die anders gefĂ€rbt sind und oft einen vergleichsweise lockeren Bodensatz bilden. Sobald sich die Hefe abgesetzt hat (noch ein bis drei Wochen), sollte der Wein vom Hefebodensatz abgezogen werden. Dabei darf keine Hefe in den neuen Ballon gelangen. Nun kann man die SelbstklĂ€rung beruhigt abwarten.

Es gibt keine allgemeine Regel, wann der Hefeböckser einsetzt. Es gibt AnsÀtze, die monatelang problemlos auf der Hefe stehen, in anderen FÀllen erkennt man schon nach wenigen Wochen den Schwefelwasserstoffgeruch. Der Zeitpunkt hÀngt von vielen Faktoren ab, darunter vom Alkohol- und, Schwefelgehalt, von der Temperatur, der Heferasse, und der Fruchtart. Gehen Sie lieber kein Risiko ein gewöhnen Sie es sich an, den Wein möglichst rasch abzuziehen.

Behandlung:

Der Wein muss sofort vom Hefebodensatz abgezogen werden. Leichte FÀlle des Hefeböcksers werden wie der GÀrungsböckser behandelt. Ist der Geruch zu intensiv, so muss der verdorbene Wein verworfen werden.

 

Schimmel und Schimmelgeschmack

Bevor die heftige GĂ€rung einsetzt entstehen kleine Punkte, die auf der OberflĂ€che oder auf schwimmenden FruchtstĂŒckchen heranwachsen. Bei genauer Betrachtung erscheinen die Punkte faserig oder wollig und sind von weißlicher, grauer, gelblicher, blĂ€ulichgrĂŒner, rötlicher, brĂ€unlicher oder schwĂ€rzlicher Farbe. Oft sind die Punkte zunĂ€chst eher hell und werden bei fortgeschrittenem Wachstum zur Mitte hin dunkler, und die OberflĂ€che wird rauer. Bei starkem Befall riecht und schmeckt der Wein muffig und verdorben.

Ursachen:

Auf dem Wein wachsen Schimmelpilze. Unter diesem Begriff werden alle Pilze zusammengefasst, die Lebensmitteln oder anderen biologischen Materialen, von denen sie sich ernĂ€hren, ĂŒber- und durchwachsen können. Schimmelpilze vermehren sich durch Sporen, die ĂŒber die Luft verbreitet werden und so auf jedes Lebensmittel gelangen. Trifft die Spore auf gĂŒnstige Bedingungen, z.B. in einem Weinansatz, so keimt sie aus und bildet ZellfĂ€den, die sogenannten Hyphen, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind. Diese Hyphen können unerkannt tief in Lebensmittel eindringen, weswegen man verschimmelte Lebensmittel immer ganz verwerfen sollte. Eine grĂ¶ĂŸere Ansammlung von Hyphen an der OberflĂ€che bildet den Pilzrasen oder besser das sogenannte Pilzmycel, das mit dem bloßen Auge sichtbar ist.

Schimmelpilzbefallene Lebensmittel stellen ein Risiko dar, weil viele Pilze giftige oder krebserregende Substanzen erzeugen, die so genannten Mycotoxine. Der Laie hat keine Möglichkeit, gefĂ€hrliche und ungefĂ€hrliche Pilze voneinander zu unterscheiden. Diese Giftstoffe können auch auch nach dem Abtöten des Pilzes im Lebensmittel verbleiben, denn viele Mycotoxine sind sĂ€ure- und hitzestabil. Deshalb schĂŒtzt selbst das Kochen von pilzbefallenen Lebensmitteln nicht vor deren Giftwirkung. Zu den wohl bekanntesten Mycotoxinen zĂ€hlt das Aflatoxin B1, das von Pilzen der Gattung Aspergillus gebildet wird. Es wirkt bereits in kleinsten Mengen leberschĂ€digend und ist eine der stĂ€rksten bekannten krebsauslösenden Substanzen. DarĂŒber hinaus können eingeatmete Pilzsporen Allergien und Asthma auslösen.

Nicht alle Schimmepilze sind schĂ€dlich. Pilze sind an der Herstellung von vielen Lebensmitteln beteiligt, darunter sind verschiedene KĂ€sesorten, Salami, Sake oder der Kaffee. Da dabei verwendeten Pilze sind natĂŒrlich ungefĂ€hrlich.

Vermeidung:

Schimmelsporen sind ĂŒberall, und jeder Weinansatz enthĂ€lt Sporen. Das ist nicht weiter tragisch, denn der Schimmel benötigt Sauerstoff zum Wachstum und ist relativ empfindlich gegenĂŒber Alkohol. Sobald die GĂ€rung einsetzt entsteht Kohlendioxid, das den Sauerstoff der Luft aus dem GĂ€rgefĂ€ĂŸ verdrĂ€ngt, und der entstehende Alkohol hemmt den Schimmel. Eine rasch einsetzende GĂ€rung ist deshalb der beste Schimmelschutz. Bereiten Sie einen GĂ€rstarter vor und mischen Sie den Weinansatz erst zusammen, wenn der GĂ€rstarter bereit ist. Nehmen sie HefenĂ€hrsalz und achten Sie darauf, dass der Zuckergehalt des Ansatzes zu Beginn der GĂ€rung nicht zu hoch ist. FrĂŒchte wie Erdbeeren, die besonders schimmelbelastet sind, sollten grĂŒndlich aussortiert werden. FrĂŒchte, auf denen ein Pilzmycel sichtbar ist, gehören nicht in den Wein!

Nochmals: FrĂŒchte mit sichtbaren Verpilzungen gehören nicht in den Ansatz. Wer darauf besteht, trotzdem angeschlagene FrĂŒchte zu vergĂ€ren, kann vorbeugend zu Beginn der GĂ€rung schwefeln, wodurch der Schimmel gehemmt wird. Hierbei ist zu bedenken, dass Schwefel nicht nur den Schimmel hemmt, sondern auch die Reinzuchthefe. Obwohl die Reinzuchthefen die Schwefelung in der Regel besser verkraften als der Schimmel: Der durch die GĂ€rung einsetzende Schutz tritt unter UmstĂ€nden erst verzögert ein, was kontraproduktiv sein kann. Zudem fördert eine frĂŒhe Schwefelung die Bildung unerwĂŒnschter GĂ€rungsnebenprodukte, was sich nachteilig auf den Geschmack auswirken kann. Eine Maischeschwefelung sollte deshalb nicht pauschal erfolgen und nur bei Bedarf; und dann mit einer möglichst geringen Schwefelmenge (0,25 bis 0,5 g auf 10 L).

Schimmel kann selbst in feuchten und schlecht gereinigtem SchlĂ€uchen wachsen. Hat er sich erst einmal dort festgesetzt, so lĂ€sst sich der muffige Geruch kaum noch beseitigen. Deshalb mĂŒsse alle GerĂ€te, die mit dem Wein in BerĂŒhrung kommen, nach Benutzung grĂŒndlich gereinigt und getrocknet werden.

Behandlung:

Ist Schimmel auf dem Wein sichtbar, so sollten Sie ihn sicherheitshalber verwerfen, auch wenn er geschmacklich unauffĂ€llig ist. Im Wein befindliche Mycotoxine können die GĂ€rung ĂŒberstehen und Ihre Gesundheit schĂ€digen.

 

Korkton, Korkgeschmack

Der verkorkte Wein bekommt einen dumpfen, modrigen Geschmack, der an den Geruch von Schimmel erinnert. Alle feinen Weinaromen werden schließlich ĂŒberdeckt. Am Korken ist der Fremdgeruch besonders intensiv.

Ursachen:

Man mag es kaum glauben: Einzelne Weinkorken können ĂŒber 100 verschiedene Arten Mikroorganismen beherbergen, vor allem Schimmelpilze. Diese Mikroorganismen können Verbindungen aus der Familie der „Chloranisole“ bilden, z.B. 2,4,6 Trichloranisol (TCA, Abb. 15.6).

Chloranisole bleiben im Korken zurĂŒck und können nach der Verkorkung in den Wein ĂŒbertreten. Bereits winzigste Mengen reichen aus, um den Fehlton geruchlich wahrzunehmen (10-50 ng/L). Es können Korken jeder QualitĂ€ts- und Preisstufe betroffen sein.

Abb. 15.6: 2,4,6-Trichloranisol, verantwortlich  fĂŒr den Korkton

Abb. 15.6: 2,4,6-Trichloranisol, verantwortlich fĂŒr den Korkton

Vermeidung:

Der Hobbywinzer kann leider wenig tun, um dem Korkgeschmack zu vermeiden. Hier ist die Korkindustrie gefragt: Der Kork muss nach der Ernte vor allem sorgfĂ€ltig getrocknet und gelagert werden, damit sich die im Kork enthaltenen Mikroorganismen nicht stark vermehren können. Die Verfahren zur Sterilisation und zur Bleiche der Korken wurden von vielen Herstellern umgestellt, sodass keine chlorhaltigen Verbindungen verwendet werden, die die Bildung von Chloranisolen fördern könnten. Weiterhin wurden Extraktionsverfahren entwickelt, um Chloranisole aus dem Korken herauszulösen. Trotz aller BemĂŒhungen: Der Korkton richtet einen enormen wirtschaftlichen Schaden an. Wie viele Korken tatsĂ€chlich fehlerhaft sind, darĂŒber scheiden sich die Geister: Die Korkindustrie nennt Fehlerquoten von etwa 1-2,5%, es wird aber auch von Fehlerraten bis zu 20% berichtet.

Verwendet der Hobbywinzer Korken, so wird frĂŒher oder spĂ€ter mit dem Problem zu kĂ€mpfen haben. Aus eigener Erfahrung schĂ€tze ich, dass etwa 5-10% aller verkorkten Flaschen einen mehr oder weniger ausgeprĂ€gten Korkton aufweisen. Vermeiden lĂ€sst sich das Problem nicht. Folgende Maßnahmen könnten helfen, das Problem wenigstens zu minimieren:

 

  • Die Korken mĂŒssen trocken gelagert werden
  • Die Korken sollten vor der Benutzung nicht zu lange lagern, ein Verbrauch innerhalb einiger Monate ist empfehlenswert
  • Unbenutzte, aber vorgequollene Korken können wieder verwendet werden, mĂŒssen aber sehr sorgfĂ€ltig und rasch getrocknet werden
  • Neue Korken sind sorgfĂ€ltig zu testen: Riecht eine TĂŒte mit neuen Korken beim Öffnen extrem muffig oder schimmlig, so sollten sie nicht verwendet werden.

Behandlung:

Eine sinnvolle Behandlung des Korktons ist nicht möglich. Es gibt inzwischen zwar spezielle Filter auf Aktivkohlebasis, um den Korkton zu mindern, diese filtern aber auch den Geschmack aus dem Wein. Ähnliches gilt fĂŒr den weit verbreiteten Trick, Frischhaltefolie zu zerknĂŒllen und fĂŒr einige Stunden in den Wein zu geben. Mein Ratschlag: Leichte (!) Korkschmecker verlieren sich beim ErwĂ€rmen, die Weine eignen sich deshalb zum Verkochen oder fĂŒr den nĂ€chsten GlĂŒhwein. Viel Ingwer und Nelken können den Muffton ĂŒberdecken. Stark befallene Weine gehören in den Ausguss.

 

MilchsÀureton, MilchsÀurestich, Sauerkrautgeschmack

Diese Weinkrankheit kann den Wein in jeder Phase befallen, sowohl wĂ€hrend der GĂ€rung, als auch bei der KlĂ€rung oder erst in der Flasche. In der leichten Form der Krankheit schmeckt der Wein buttrig, spĂ€ter wird er trotz RestsĂŒĂŸe kratzig-sauer und erinnert immer mehr an KĂ€se, Molke oder Sauerkraut (Lindgeschmack, Lindton).

Ursachen:

Diese Weinkrankheit wird verursacht durch MilchsĂ€urebakterien (siehe auch Kapitel „Mikrobiologie des Weins“). Deren TĂ€tigkeit ist bei der Herstellung verschiedener Lebensmittel wie Kefir, KĂ€se, Joghurt, Sauerkraut oder Sauerteig erwĂŒnscht. Bei der Bereitung von Traubenweinen werden MilchsĂ€urebakterien fĂŒr den biologischen SĂ€ureabbau eingesetzt. Bei sehr sĂ€urereichen WeinansĂ€tzen setzen die Bakterien dabei die ApfelsĂ€ure der Trauben um in die weniger starke MilchsĂ€ure.

MilchsĂ€urebakterien können sich jedoch auch unkontrolliert und außer Kontrolle im Wein vermehren. Ist noch viel Zucker enthalten, so können sie den Zucker abbauen zu MilchsĂ€ure, und es kommt zu einer Zunahme der GesamtsĂ€ure. Wird der Wein erst sehr spĂ€t befallen, wenn der Zucker bereits weitgehend verbraucht ist, können die MilchsĂ€urebakterien FruchtsĂ€uren abbauen, wodurch der GesamtsĂ€uregehalt in diesem Fall sinkt. Dann beginnt der Wein fade zu schmecken, weil einerseits die GesamtsĂ€uremenge sinkt und die MilchsĂ€ure eine geschmacklich beeintrĂ€chtigende Konzentration annimmt.

Der Geschmacksfehler beruht aber auch auf verschiedene GĂ€rungsnebenprodukte der Bakterien. Eine dieser Substanzen ist Diacetyl (Abb. 15.7). Diese Verbindung ist verantwortlich fĂŒr den typischen Geschmack von Butter. In moderaten Mengen (bis etwa 0,3 mg/l) bereichert Diacetyl das Geschmacksbild des Im Wein, in hohen Konzentrationen (ab etwa 1 mg/l) bewirkt es den „Lindton“.

Abb. 15.7: Diacetyl ist fĂŒr den Buttergeschmack von verschiedenen Milchprodukten verantwortlich

Abb. 15.7: Diacetyl ist fĂŒr den Buttergeschmack von verschiedenen Milchprodukten verantwortlich

Vermeidung:

MilchsĂ€urebakterien benötigen keinen Sauerstoff fĂŒr ihr zerstörerisches Werk. Besonders gefĂ€hrdet sind Weine mit wenig Gerbstoffen und einer geringen SĂ€uremenge. Setzt sich die Hefe nach der GĂ€rung ab und beginnt sie sich zu zersetzten, so ist dies ein idealer NĂ€hrboden fĂŒr die MilchsĂ€urebakterien, insbesondere wenn der Wein zu warm steht und nicht geschwefelt wurde.

Der Befall mit MilchsĂ€urebakterien kann vermieden werden, indem man fĂŒr eine zĂŒgige GĂ€rung sorgt, denn MilchsĂ€urebakterien vertragen höhere Alkoholkonzentrationen schlecht. Faulende FrĂŒchte können MilchsĂ€urebakterien enthalten, sie gehören nicht in den Ansatz. SĂ€urearme Weine mĂŒssen mit SĂ€ure versetzt werden, auch dies verringert das Wachstum der Bakterien. Nach der GĂ€rung muss der Wein geschwefelt werden und darf nicht zu lange auf dem Hefebodensatz stehen, denn die sich zersetzende Hefe ist eine ideale Lebensgrundlage fĂŒr MilchsĂ€urebakterien. Auf eine niedrige Temperatur wĂ€hrend der Absetzphase ist zu achten, denn MilchsĂ€urebakterien vermehren sich bei höheren Temperaturen besonders gut.

Behandlung:

Wird ein MilchsĂ€urestich erkannt, so muss der Wein sofort geschwefelt werden, um das Wachstum der Bakterien zu hemmen. Hefe kann das Diacetyl in geschmacklich weniger beeintrĂ€chtigende Stoffe umwandeln. Der befallene Wein kann deshalb, wenn der Alkoholgehalt noch nicht zu hoch ist, mit frischer Hefe versetzt werden. Ist der Wein bereits ausgegoren, so kann er mit frischem, gesunden Most gestreckt werden. Bei beiden Behandlungsversuchen ist darauf zu achten, dass optimale Bedingungen fĂŒr eine rasche GĂ€rung geschaffen und Risikofaktoren fĂŒr die Krankheit ausgeschaltet werden. Eine Behandlung mit Aktivkohle (1-2 g pro 10 l) kann den Geschmacksfehler ebenfalls reduzieren.

 

ZĂ€hwerden, Lindwerden

Auch diese Weinkrankheit kann den Wein jederzeit treffen, selbst abgefĂŒllt in der Flasche. Befallene Weine werden zunehmend dickflĂŒssig. Beim Ausgießen verhalten sie sich „ölig“ und ziehen im fortgeschrittenen Stadium FĂ€den. KohlensĂ€ureblĂ€schen steigen nur langsam auf und „hĂ€ngen“ förmlich im Wein. Im Endstadium schmeckt der Wein fade und entwickelt einen „Lindton“ (siehe MilchsĂ€urestich).

Ursachen:

Wie der MilchsĂ€urestich beruht das ZĂ€hwerden auf der TĂ€tigkeit von MilchsĂ€urebakterien. Beim ZĂ€hwerden dominieren jedoch MilchsĂ€urebakterienarten, die beim Wachstum Schleimstoffe bilden. Gefördert wird die Schleimbildung durch einen hohen Restzuckergehalt im Wein. Außerdem kann sie durch andere schleimbildende Mikroorganismen (z.B. Wildhefen, Schimmelpilze, EssigsĂ€urebakterien) noch verstĂ€rkt werden.

Vermeidung:

siehe MilchsÀurestich.

Behandlung:

siehe MilchsĂ€urestich. Eine leichte ZĂ€higkeit kann sich von selbst zurĂŒckbilden, wenn die MilchsĂ€urebakterien ihr Wachstum z.B. nach einer Schwefelung ihr Wachstum einstellen. Ein sehr zĂ€her Schleim kann mit einem Schneebesen oder einem Mixer zerschlagen werden.

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