2. Optimierte Herstellung

Mrz 21, 2021 | Anleitungen, Apfelmost

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Fassen wir die Herstellung eines Apfelmosts kurz zusammen:

Apfelmost entsteht bei der Vergärung von purem Apfelsaft. Hierbei wird der Zucker vollständig vergoren, der Most schmeckt deshalb recht sauer. Durch den niedrigen Alkoholgehalt ist der Most nur beschränkt haltbar.

Im Folgenden werden wir einige Tipps und Kniffe vorstellen, mit denen der Geschmack des Mosts verbessert werden kann. Unser Hauptaugenmerk liegt jedoch auf Maßnahmen, die den Most haltbarer machen. Um den Erfolg des Mostens zu garantieren ist es nun „vorbei“ mit der einfachen Mostbereitung: Jetzt kommen Messgeräte und spezielle Zutaten zum Einsatz.

Sauberkeit! Sauberkeit! Sauberkeit!

Die beste Vorbeugung gegen den allzu frühen Verderb des Mosts ist eine penible Sauberkeit bei der Herstellung und bei der Reinigung aller Gerätschaften. Konkret bedeutet das:

  • Faule und verschimmelte Früchte gehören nicht in einen Wein, faule und verschimmelte Äpfel gehören erst recht nicht in einen Most!
  • Die Äpfel müssen vor der Einmaischung gründlich gereinigt werden.
  • Alle Geräte und Gefäße, mit denen der Wein in Berührung kommt, müssen sauber und möglichst keimfrei sein. Zur Desinfektion der Geräte kann zum Beispiel die im Kapitel „Sauberkeit und Sterilität“ beschriebene, konzentrierte Schwefellösung verwendet werden

Steigerung des Alkoholgehalts

Aufgrund seines niedrigen Alkoholgehalts ist der Most anfälliger für Fehler als ein hochprozentiger Wein. Um diesem Problem wenigstens ansatzweise zu begegnen sollte der Hobbywinzer Sorge tragen, dass der durchgegorene Most einen Alkoholgehalt von mindestens 6 % enthält. Als Faustformel gilt deshalb: Hat der Süßmost ein Mostgewicht von weniger als 50°Oe, so wird der fehlende Zucker ergänzt (2,6 g/l Zucker entsprechen 1°Oe, siehe auch Kapitel „Zucker“). Natürlich kann auch ein höherer Alkoholgehalt angestrebt werden, aber Vorsicht: Je höher der angestrebte Alkoholgehalt, desto wichtiger wird die Wahl einer geeigneten Heferasse, desto wichtiger wird die Verwendung von Hefenährsalz und desto wichtiger ist die Vermeidung zu großer Zuckermengen zum Gärstart. Sprich: Der typische Charakter eines Apfelmosts geht verloren, zudem müssen die Regeln der Weinbereitung beachtet werden.

In einigen Regionen bedient man sich eines Tricks, um den Alkoholgehalt ohne Zuckerzugabe zu erhöhen: Die Äpfel werden zunächst eingelagert, dabei verlieren sie Wasser. Dadurch sinkt zwar die Saftausbeute, der Süßmost ist aber konzentrierter.

Säuremanagement

Da viele unerwünschte Mikroorganismen eher neutrale pH-Werte bevorzugen ist ein niedriger pH-Wert beziehungsweise ein hoher Säuregehalt des Mosts absolute Grundvoraussetzung für seine Haltbarkeit. Als Faustformel gilt: Der Säuregehalt muss mindestens 8 g/l betragen, ansonsten muss Säure ergänzt werden. Hierfür kann Milchsäure verwendet werden (siehe auch Kapitel „Säure“ für Beispielrechnungen).

Wer auf die Säuremessung und -einstellung verzichten will muss die Finger von Tafeläpfeln lassen: Je nach Sorte enthalten sie nur wenig Säure. Tafeläpfeln fehlt außerdem oft antibakteriell wirkender Gerbstoff, und ihn fehlt vor allem eines: Geschmack! Glücklich ist, wer noch einen alten Baum mit Mostäpfeln im Garten hat oder wer Zugang zu Streuobstwiesen hat, auf denen noch alte Apfelbäume stehen. Typische, gut geeignete Kelteräpfel tragen klingende Namen wie Trierer Weinapfel, Schafsnase oder Winterprinzenapfel. Aber auch allgemein bekanntere Sorten wie Boskoop oder Goldparmäne können einen guten Most ergeben. Als Faustregel gilt: Gute geeignete Mostäpfel sind sauer, saftig und intensiv im Geschmack.

Traditioneller Zusatz anderer Früchte

Durch die Zugabe von säure- und gerbstoffreichen Früchten kann die Haltbarkeit des Mosts verbessert werden, und nicht nur das: Der Most kann ganz besondere geschmackliche Note bekommen. Damit der Apfelgeschmack nicht zurück gedrängt wird sollte man die zugesetzten Früchte zurückhaltend dosieren.

Wir haben uns auf die Fahne geschrieben dass wir all das, was auf diesen Internetseiten steht, auch selbst ausprobiert haben. Wir müssen an dieser Stelle eingestehen, dass wir die traditionell eingesetzten Beimischungen zum Apfelmost nicht systematisch ausprobiert haben, da wir Probleme hatten, einige der eher selten anzutreffenden Früchte zu besorgen. In diesen Fällen richten wir uns nach den in der Literatur und im Internet verbreiteten Mengenangaben.

Traditionell werden unter anderem die folgenden, unreifen Früchte beigemengt:

Mispel

Der hohe Gerbstoffgehalt der Mispeln verbessern die Haltbarkeit des Mosts und fördert darüber hinaus seine Selbstklärung. Ein Anteil von 3 % sollte nicht überschritten werden. Die Mispeln werden mit einigen Äpfeln zusammen in der Obstmühle zerkleinert, der Fruchtmus kann dann mit etwas Anigel versetzt werden. Nach einigen Stunden Einwirkzeit wird das Gemisch zusammen mit der restlichen Apfelmaische abgepresst.

Auch die Mispel (nicht zu verwechseln mit der Mistel!) ist mit dem Apfel verwandt.

Auch die Mispel (nicht zu verwechseln mit der Mistel!) ist mit dem Apfel verwandt.

Mostbirnen

Mancherorts wird der Apfelmost gern mit Mostbirnen verschnitten um dem Wein einen etwas milderen Charakter zu verleihen. Auch hier gilt: Tafelbirnen sind völlig ungeeignet. Leider sind Mostbirnen nur schwer erhältlich.

Quitte

Die Quitte ergibt nicht pur nur einen sehr guten Wein, sie macht sich auch im Apfelmost gut. Da sie einen sehr intensiven Eigengeschmack hat sollte man sie aber vorsichtig dosieren: Der Anteil sollte bei etwa 3 bis 6 % liegen. Die Quitten werden mit der Obstmühle zerkleinert und mit etwas Apfelmaische vermischt. Dazu gibt man optional einen guten Schluck Antigel und lässt das Gemisch einige Stunden ruhen. Anschließend wird das Apfel/Quittengemisch zusammen mit der restlichen, frisch hergestellten Apfelmaische ausgepresst.

Schlehe

Wer Schlehenwein kennt weiß den Gerbstoffgehalt dieser kleinen Tanninbomben zu schätzen. Dem gärenden Apfelmost können einige Schlehen direkt beigemengt werden. Auch hier gilt: Weniger ist manchmal mehr! Je nach persönlichem Geschmack reichen 5 bis 20 g Schlehen auf 10 Liter Wein aus.

Die Schlehe gehört zu den Steinobstgewächsen, ist also verwandt mit Kirsche, Pflaume & Co. Der Apfelmost profitiert von ihrem hohem Gerbstoffgehalt.

Die Schlehe gehört zu den Steinobstgewächsen, ist also verwandt mit Kirsche, Pflaume & Co. Der Apfelmost profitiert von ihrem hohem Gerbstoffgehalt.

Speierling

Der Speierling, ein Verwandter des Apfels, wird wegen seines hohen Gerbstoffgehalts sehr geschätzt. Die Früchte werden grob zerkleinert und werden optional mit Antigel versetzt. Nach kurzer Einwirkzeit werden sie mit Hilfe eines Handpressbeutels ausgepresst. Der so gewonnene Saft wird direkt zum gärenden Apfelmost gegeben, empfohlen wird eine Konzentration von 1 bis maximal 3%.

Die Früchte des Speierlings haben einen sehr hohen Gerbstoffgehalt. Der Saft des Speierlings macht den Most herber im Geschmack und verbessert dessen Haltbarkeit.

Die Früchte des Speierlings haben einen sehr hohen Gerbstoffgehalt. Der Saft des Speierlings macht den Most herber im Geschmack und verbessert dessen Haltbarkeit.

Vogelbeere oder Eberesche

Vogelbeeren können dem Most noch bei der Gärung zugegeben werden und verleihen dem Most einen besonderen, säuerlichen Touch. Vorsicht bei der Dosierung:10 g Vogelbeeren auf 10 Liter Wein reichen völlig!

Sonstige Säure- und Gerbstoffquellen

Traditionelle Mosthersteller werden nun entsetzt die Hände über den Kopf zusammenschlagen: Der experimentierfreudige Hobbywinzer kann alternative Zusätze verwenden, um den Säure- und Gerbstoffgehalt des Mosts zu erhöhen. Hier ein paar Ideen zum Ausprobieren:

Sanddorn

Sanddorn ist ausgesprochen reich an Vitamin C, Gerbstoffen und Fruchtsäuren, und im Wein schmeckt er eher unauffällig. Zudem ist Sanddornsaft in jeder Apotheke und in jedem Reformhaus erhältlich: Damit ist der Sanddornsaft bestens geeignet zur Mostverbesserung: Der Saft wird vor der Verwendung gründlich gemischt, anschließend wird er direkt in den Most gegeben. Je nach persönlichem Geschmack kann der Sanddorngehalt im Bereich von einem bis zwei Prozent liegen.

Tannin/Gerbstoff

Der ambitionierte Hobbywinzer wird Tannin im Hause haben. Nichts spricht dagegen, den Most damit aufzubessern. Auch beim Most gilt: Spezialtannine zur Geschmacksverbesserung sind eine gute Wahl, Tannine für die Klärung eher nicht. Eingesetzt wird 1 g Tannin auf 10 Liter Wein, eventuell auch mehr.

Zitrone

Zitronen sind relativ geschmacksneutral, daher kann Zitronensaft verwendet werden, um den Säuregehalt im Most zu verbessern. Dazu werden die Zitronen sorgfältig ausgepresst, ohne die helle Schicht unter der Schale zu beschädigen (wir erinnern uns: Gelangen Teile der hellen Schicht in den Wein, kann das zu einem Bittergeschmack führen). Zudem sollte die Schale nicht zu stark gedrückt werden, damit die ätherischen Öle der Schale auch dort bleiben. Der Saft wird über ein Sieb gefiltert und zum Most gegeben. Ein bis zwei Prozent Zitronensaft sollten den Mostgeschmack nicht nachteilig beeinflussen. Verwenden sie keinen gekauften, fertig gepressten Zitronensaft: Hier ist der Bittergeschmack vorprogrammiert.

 

Frühzeitige Erkennung von Milchsäuregärungen

Eine der größten Gefahren für den Apfemostverderb ist der Befall mit Milchsäurebakterien. Risikofaktoren sind:

  • Ein niedriger Alkoholgehalt
  • Ein niedriger Gerbstoffgehalt
  • Zu viel Restzucker (eventuell bedingt durch eine „wilde Gärung“)
  • Eine zu lange Lagerzeit auf der Hefe
  • Eine unzureichende Schwefelung
  • Zu hohe Lagertemperaturen
  • Infektionsrisiko durch Luftkontakt

Milchsäurebakterien bauen in Abwesenheit von Zucker Apfelsäure ab zu Milchsäure und Kohlendioxid (siehe auch Kapitel „Mikrobiologie“, Abbildung 3.4). Das Apfelsäuremolekül weist zwei Säuregruppen auf, das Milchsäuremolekül hat nur eine Säuregruppe. Daher kommt es bei einer einsetzten Milchsäuregärung insgesamt zu einer Säurereduktion.

Durch den Säureabbau kann ein milchsäurestichiger Most zunächst durchaus angenehmer schmecken, da die Imbalance zwischen hohem Säuregehalt und fehlendem Restzucker abgemildert wird. Dieser Zustand hält jedoch nicht lange an, denn der wird zunehmend buttrig und bekommt einen zunehmenden Geschmack nach Sauerkraut (siehe auch Kapitel „Weinfehler“). Wenn sich Milchsäurebakterien im Most tummeln muss deshalb schnell gehandelt werden.

Typische Symptome für eine Milchsäuregärung sind:

  • Bildung von Kohlendioxid (Blubb-Blubb macht’s im Gärröhrchen)
  • Abbau der Säure

Milchsäuregärungen verlaufen oft langsam und führen deshalb zu keiner großen Aktivität im Gärröhrchen. Andererseits führen auch Temperaturschwankungen zu Bewegungen im Gärröhrchen und können eine leichte Gärung vortäuschen wo gar keine ist. Ein Säureverlust ist hingegen ein recht verlässliches Indiz für eine Milchsäuregärung. Die Bestimmung der Gesamtsäure ist im Kapitel „Analytik“ detailliert dargestellt. Um den Säureverlust sicher zu diagnostizieren ist eine absolute präzise Durchführung der Messungen notwendig. Beträgt der gemessene Säureverlust ein bis zwei Gramm Säure pro Liter, so sind die folgenden Sofortmaßnahmen durchzuführen:

 

  • Abzug von der Hefe (sofern noch nicht geschehen)
  • Verringerung der Lagertemperatur soweit möglich
  • Schwefelung
  • regelmäßige Säurekontrolle
  • gegebenenfalls rascher Genuss des Mosts

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